Typisch Deutsch

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Keiner kann die Eigenheiten einer Nation besser beschreiben als ein Ausländer. Schon allein daher qualifiziert sich der Brite Adam Fletcher für das genaue Betrachten der Deutschen Bräuche und Marotten. Dafür wählt der sonst in Berlin lebende Autor den auch für Deutsche nicht unbedingt typischen Ort Neuwerk bei Mönchengladbach. Will man sich jedoch über Schützenfeste informieren, gibt es keinen besseren Ort. In der Hochburg der Schützenfeste feiert der Brite dann kräftig mit. Bereits um 6.30 Uhr trinkt man das erste Bier und setzt diese Tätigkeit wiederholt fort. Ungewöhnlich erscheint dem Ausländer auch, dass der Gewinner des Schützenfests eine große Summe für die anderen ausgeben darf. Während der Kirmes für jeden Einheimischen den Höhepunkt des Jahres darstellt, kann sich Fletcher beim Schunkeln nur wundern.

Weitere Kapitel haben die Themen Vereine, Schlagermusik, die Mitfahrzentrale oder typische Urlaubsziele der Deutschen. Als Brite hätte Adam Fletcher natürlich auch genügend über Marotten seiner Landsleute zu erzählen, aber als Ausländer auf die Gewohnheiten des Gastlandes hinzuweisen, ist noch ein bisschen lustiger. Zum Glück schafft er es, seine Liebe zur Wahlheimat durchklingen zu lassen, sodass Leser mit ihm gemeinsam schmunzeln und teilweise laut auflachen können. Seine Freundin Annett organisiert ein komplettes Wochenende mit typisch deutschen Verhaltensweisen wie frische Brötchen holen, irgendwas aufräumen, Grillen, dabei Bierflaschen mit dem Feuerzeug öffnen und natürlich dem obligatorischen Kartoffelsalat. Der Autor stupst den deutschen Leser auf aus seiner Sicht ungewöhnliche Bräuche und nimmt sie mit sanftem Humor auf die Schippe.

Das Buch ist von vorn und hinten zu lesen. Das rote Cover ist für den deutschen Teil und hinter dem grünen Cover verbirgt sich der englische Teil. Die Geschichten sind in beiden Teilen dieselben. Leser, die dem Englischen nicht so mächtig sind, entgeht jedoch ein klein wenig der typisch britische Humor des Understatements, der Tiefstapelei, die die Deutsche Übersetzung verliert. Dennoch ist das Buch jedem zu empfehlen, der auch mal einen Blick von außen auf sein landestypisches Verhalten zulässt. Wer es bis zum Schluss geschafft hat, darf sich dem großen Deutschtest widmen und selber herausfinden, wie deutsch er wirklich ist.