Starke Familienbande

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Aus einem intimen Moment heraus beginnt diese Familiengeschichte: Lotte bastelt zum wiederholten Male eine Fotocollage ihrer Mutter, möchte ihr zumindest bildlich nah sein. Die Zwillinge Lotte und Fritz sind bei den Großeltern in Brünn untergebracht, während der ältere Bruder Alfred bei Verwandten in Klagenfurt ist. Mutter Emma hat den untreuen Vater Pavel verlassen und muss nun in Davos die Familienschulden abarbeiten. Es ist das Jahr 1940.
Kapitelweise springen wir in die Gedankenwelt der anderen Familienmitglieder. Erfahren von Vater Pavel, wie es zu seiner zweiten Beziehung kam und wie er recht unbedarft zu seiner betrogenen Familie steht, während Emma in einer Hotelküche hart arbeiten muss, täglich um ihre Stelle fürchtet und spürt, dass sie näher bei ihren Kindern sein müsste.

Die Multiperspektive schafft trotz der kurzen Situationsbeschreibungen der verschiedenen Figuren schnell ein vielschichtiges und differenziertes Bild der böhmisch-österreichischen Familie Prochazka. Die kurzen Kapitel bewirken einen dynamischen Erzählmodus und die geschickt gesetzten Leerstellen erzeugen zusätzliche Spannung. Es entsteht das Bild einer disparaten Familie, die an ihrem privaten, zwischenmenschlichen Gefüge wie an dem historisch bedingten Überlebenskampf unter der nationalsozialistischen Herrschaft zu zerbrechen droht. Können die familiären Risse überwunden werden? Kann sich die Familie Prochazka wieder annähern, gegenseitig stützen und vergeben?

Eine vielversprechende Leseprobe, die sehr viel Lust auf das Kennenlernen und die Blickwinkel der weiteren Familienmitglieder macht! Die schön gestalteten Bücher aus dem Otto Müller Verlag sind zudem ein optischer Genuss und belegen das auch beim Cover dieses Romans von Ursula Wiegele.