Eine alternative Mandela-Biografie

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bedard Avatar

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Die Zeit Mandelas im Gefängnis aus der Sicht des weißen Gefängniswärters - das kann auch ganz furchtbar sein. Aber in dieser Biografie lässt schon das Vorwort von Ahmed Kathrada jeden Zweifel dahinschmelzen. Der Autor scheint tatsächlich mit den Gefangenen mitgefühlt und Menschlichkeit in einer Zeit gezeigt zu haben, als Schwarze in Südafrika nicht als Menschen galten. Der Rückblick auf seine Kindheit im ländlichen Südafrika und die historischen Ereignisse, die Brand in seiner Biografie beschreibt, rufen den zeitlichen Ablauf wieder ins Gedächtnis bzw. lassen überhaupt erst ein Bild beim Lesen entstehen.
Als Christo Brand seinen Dienst als Gefängniswärter auf der Insel Robben Island beginnt, hat er keine Ahnung, worauf er sich da einlässt. Gerade 19 Jahre alt und politisch eher unbedarft, hat er sich für diesen Weg nur entschieden, um nicht in die Armee oder zur Polizei zu müssen. Nelson Mandela und die anderen inhaftierten ANC-Mitglieder könnten altersmäßig Christo Brands Großväter sein. Zu Respekt und Achtung vor allen Menschen und insbesondere Älteren erzogen, muss dieser junge Mann plötzlich alles Gelernte über Bord werfen. Im Laufe der Zeit findet er aber Nischen im Gefängnisalltag, um den Gefangenen ihr Dasein etwas erträglicher zu machen. Man erfährt vieles über den Menschen Mandela außerhalb seiner Rolle als politischer Führer. Seine Liebe zum Gärtnern, seine Besessenheit von körperlicher Fitness, aber auch der Familienmensch Mandela wird beschrieben.
Während im ersten Teil eher der normale Gefängnisalltag auf Robben Island beschrieben wird, steht später die zugespitzte politische Situation Südafrikas und die Auswirkungen auf die Gefangenen im Mittelpunkt. Nelson Mandela wird stärker als der politische Stratege dargestellt, ohne dabei aber seine menschlichen Stärken und Schwächen aus dem Blickwinkel zu verlieren.
Auch als Mandela an der Spitze Südafrikas steht, verlieren der ehemalige Häftling und sein Gefängniswärter sich nicht aus den Augen. Jetzt sind die Vorzeichen aber verändert, und Christo Brand erhält nicht nur einmal berufliche und persönliche Unterstützung durch Nelson Mandela oder die anderen ehemaligen politischen Häftlinge.
Ergänzt wird der Text durch zwei Fotoblöcke, die sowohl Mandela als auch Christo Brand mit Familie zeigen. Das Cover, das Mandela in der typischen Pose mit hochgereckter Faust zeigt, ist angenehm schlicht und passt perfekt zu einer Biografie.
Geschrieben ist das Buch in sehr einfacher, leicht lesbarer Sprache. Es gibt zwar durchnummerierte Kapitel, aber leider keine inhaltlichen Überschriften. Das hätte das Nachschlagen bestimmter Ereignisse erleichtert. Eine Zeittafel im Anhang gibt es ebenfalls nicht.
Das sind aber auch die einzigen Kritikpunkte, ansonsten habe ich dieses Buch wirklich gerne gelesen und werde es auch weiterempfehlen!