Zu bemüht

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ahabsdaughter Avatar

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„Manhattan Beach“ war mein erster Roman von Jennifer Egan, leider kann ich mich den Lobeshymnen über ihren historischen Roman, an dem sie lange Jahre gefeilt hat, nicht anschließen.
Die Autorin hat drei Aspekte aus der Zeit der 30er Jahre und des Zweiten Weltkriegs in ihrem Roman zusammengefügt: die Arbeit von Frauen auf dem „Brooklyn Naval Yard“, Korruption und Verbrechersyndikate in New York und die Erlebnisse von Mitgliedern der Handelsmarine (im Gegensatz zur Kriegsmarine) im Krieg.

Im Nachwort erfährt man, dass der Autorin diese Dinge sehr am Herzen lagen und dass sie sie daher in „Manhattan Beach“ hat einfließen lassen. Meiner Meinung nach ist dieses Unterfangen aber gescheitert, da es auf mich zu bemüht wirkte und mich nicht fesseln konnte. Es wirkt, als wären hier drei Geschichten aneinandergereiht und nur schlampig miteinander verbunden worden.

Starke Frauengeschichten faszinieren mich und wenn sie in einer interessanten historischen Epoche handeln, noch viel mehr. So war der Teil um Annas Arbeit auf der Werft und wie sie es bis zur Taucherin schafft für mich auch der Spannendste und der einzige, der mich zum Weiterlesen animiert hat.

In Rückblenden erfährt man auch von Annas Vater Eddie, der sich nach der Weltwirtschaftskrise mit Botengängen für einen korrupten Gewerkschaftsboss über Wasser hält, bis er sich dann an Dexter Styles wendet. Dexter Styles Machenschaften und sein Zusammentreffen mit Anna bilden dann auch den zweiten Handlungsstrang von „Manhattan Beach“. Dexter hätte für mich ruhig noch etwas skrupelloser dargestellt werden können, vieles wirkte bei ihm geradezu liebenswürdig. Insgesamt aber haben mich seine Kapitel kaum interessiert. Seine Beziehung mit Anna entwickelte sich für mich zu plötzlich und war wenig nachvollziehbar. Mehr kann ich leider ohne zu spoilern nicht verraten.

Über den dritten Handlungsstrang, die Handelsmarine, kann ich wenig verraten, sonst kennt man das gesamte Buch. Die Schilderungen des Schiffsbruchs waren sehr gut, allerdings hatte dies kaum einen Bezug zum Rest des Buchs. Man merkte, dass die Autorin dieses Ereignis unbedingt im Buch unterbringen wollte.

Insgesamt gefiel mir die Richtung, die das Buch nahm, zum Ende hin immer weniger. Leider hat Jennifer Egan bei der Handlung auch auf klischeehafte Elemente zurückgegriffen (schwanger nach einer Liebesnacht, die wie aus dem Nichts kam). Meiner Meinung nach hätte man darauf verzichten können.

Die Charaktere wirken flach und werden nur als Mittel zum Zweck eingesetzt, so auch leider Lydia. Wenn sie ihren Zweck erfüllt haben, verschwinden sie, um dann plötzlich wieder aufzutauchen, weil sie benötigt werden (Nell).
„Manhattan Beach“ ist leider nicht herausragend geschrieben und kann als historischer Roman höchstens durch den Schauplatz New York und den Charakter von Anna punkten. Ich vergebe knappe drei Sterne.