Für mich ein Pageturner

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pmelittam Avatar

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Jussi Ståhl wird tot aufgefunden, sein Brustkorb geöffnet, sein Herz entnommen. Wer könnte ihn so zugerichtet haben? Hat sein Tod etwas mit seiner Homosexualität zu tun? War es ein Hassverbrechen? Dann geschieht ein zweiter Mord, der zunächst nichts mit dem ersten zu tun zu haben scheint, bis sich herausstellt, dass dieselbe Waffe benutzt wurde. Wie hängen die Taten zusammen? Für die Täterprofilgruppe, bei der Siri Bergman gerade neu angefangen hat, kein leichter Job.

Dies ist bereits der vierte Siri-Bergman-Roman, für mich ist es jedoch der erste, den ich gelesen habe. Da Siri gerade einen neuen Job angefangen hat und somit eine Menge neue Charaktere auftreten, ist es wahrscheinlich ein guter Start in die Serie. Über Siris Vergangenheit erfährt man zudem ausreichend viel, so dass ich nie das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben.

Die Autorinnen sind Schwestern und haben offensichtlich harmonisch zusammengearbeitet, dem Roman merkt man kaum an, dass er zwei Verfasserinnen hat, nur gelegentlich gibt es unnötige Wiederholungen, die möglicherweise diesem Umstand geschuldet sind, z. B. wenn wiederholt erwähnt wird, dass die Kleidung wegen der Hitze immer luftiger wird. Mich stört so etwas und wirft mich aus dem Lesefluss, aber wirklich gravierend ist es natürlich nicht. Sehr gestört hat mich auch, dass sich dauernd jemand einen „Priem hinter die Oberlippe“ steckt, Kautabak kauen ist für mich eine eklige Angelegeneheit. Tatsächlich ist es in den skandinavischen Ländern (der Roman spielt in Schweden) offenbar gar nicht so selten, es gibt dort sogar eine besondere Kautabakart – wieder etwas gelernt ...

Der Roman hat mir gut gefallen und entwickelte sich immer mehr zum Pageturner, das liegt allerdings weniger daran, dass es nervenzerfetzend spannend wäre, die Spannung ist eher subtil, man will einfach wissen, was denn nun hinter all dem steckt. Der Aufbau der Erzählung in kurze Abschnitte trägt dazu bei, dass man immer weiter liest (der Nur-noch-ein-Abschnitt-Effekt).

Sehr zu Spannung tragen die Rückblenden bei, die ca. zwei Jahrzehnte vor der eigentlichen Handlung beginnen, mit „Das traurige Herz“ betitelt sind und eine Ahnung geben, welche Motivation hinter den Taten stecken könnte. Der Leser hat dadurch einen Informationsvorsprung vor der Profilergruppe. Wer verantwortlich ist, wird allerdings erst am Schluss offenbart und überrascht dann doch. Die Auflösung ist logisch und hat mich voll und ganz zufriedengestellt. Zudem geht die Auflösung einmal mit wirklich spannenden Szenen einher und hebt sich damit positiv von vielen anderen Romanen ab. Ganz am Schluss werden offene Fragen, die sich daraus noch ergeben haben, gelöst – perfekt.

Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, in der Täterprofilgruppe sind interessante Typen, die alle ihre Macken aufweisen. Die meisten Szenen werden aus Siris Perspektive in Ich-Form erzählt, so dass man besonders sie gut kennen lernt. Alle anderen Szenen sind in der dritten Person geschrieben, die „Das traurige Herz“-Szenen alle aus einer Perspektive, die anderen aus verschiedenen Perspektiven und jeweils die einzelnen Taten betreffend. Alle Szenen sind sehr eingängig und emotional packend.

Ich empfehle den Roman sehr gerne weiter, vorwiegend an Genrefans. Ich selbst werde auf jeden Fall die Vorgängerromane noch lesen. Von mir gibt es 4,5 Sterne, die ich, wie immer, aufrunde.