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„Und jetzt liebe ich dich nur noch gefangen in einer Zwischenwelt aus Präteritum und Konjunktiv und in einer Realität, die vor deinem Tod ein Leben und danach nur noch ein Zustand war.“

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Im ersten Kapitel von „Marianengraben“ befinden wir uns metaphorisch in 11.000 Metern Tiefe. Elf Kilometer unter dem Meeresspiegel, hier am tiefsten Punkt der Erde, dem Marianengraben, ist Paula emotional nach dem Tod ihres kleinen Bruders Tim angekommen. Dort unten im Dunkel, da wo es kein Licht gibt, sitzt sie nun seit über zwei Jahren und macht sich Vorwürfe – hätte sie Tim vor dem Ertrinken retten können, wenn sie nur bei ihm gewesen wäre?

Um ihren Verlust aufarbeiten zu können, lässt sie sich von ihrem Therapeuten ermutigen sein Grab zu besuchen – in der Nacht, ungesehen von anderen Trauernden. Kurzerhand entschließt sie sich also zum Einbruch und wider erwarten ist sie damit nicht allein: Helmut, ein griesgrämiger älterer Herr, ist zeitgleich auf dem Friedhof und gerade dabei die Urne seiner Freundin Helga auszugraben.

Durch ein kleines Malheur auf der Flucht vor den Friedhofsgärtnern können sich die beiden nicht sofort wieder trennen und sind ab diesem Moment miteinander verbunden. Was unfreiwillig beginnt, wird innerhalb kürzester Zeit zu einem skurrilen Roadtrip gen Süden, mit der Mission die Asche von Helga in den Bergen zu verstreuen und damit ein Versprechen einzulösen.

Rasant und fulminant, an manchen Stellen ein wenig überzogen, aber am Ende herzzerreißend-schön: Mit jedem Kapitel der Geschichte steigen wir aus dem Marianengraben auf und bewegen uns emotional vom symbolischen Tiefpunkt weg, näher zur Wasseroberfläche hin.

Feinfühlig und sensibel erzählt Jasmin Schreiber in ihrem Debüt die Geschichte eines ungleichen Paares, das so viel trennt und doch so viel mehr verbindet. Todtraurig, aber situationskomisch ist es gleichermaßen ein Buch über unendliche Liebe und unaussprechliche Trauer – persönlich und authentisch. Eine Ode an das Durchhalten. Ein echtes Lesevergnügen und jetzt schon mein Jahreshighlight!