Aus 11 000 km Depression auftauchen

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miro76 Avatar

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Zwei Jahre ist es her, dass Paulas Bruder im Meer ertrunken ist. Zwei Jahre, in denen die Zeit stillzustehen scheint. Paula kann nicht wirklich weiterleben, wenn Tim tot ist.

Sie fühlt sich, als würde sie im Marianengraben sitzen und wenn sie versucht etwas aufzutauchen, spürt sie Tentakel an ihren Beinen, die sie wieder tief runter ziehen.

Als sie sich eines Tages doch zum Grab ihres Bruders wagt, muss das natürlich nachts geschehen, denn sie möchte keine anderen Menschen treffen. Sie steigt über die Friedhofsmauer und schleicht sich zum Grab. Nach wenigen Minuten hört sie ein Geräusch und sieht einen alten Mann, der ein Grab aufgräbt. Um nicht von den Friedhofsgärtner erwischt zu werden, hilft sie ihm kurzerhand und die beiden bergen die Urne seiner Freundin Helga.

In deren Heimatdorf hat das Ausgraben lange Tradition, denn die Menschen wollten sich nicht damit abfinden, ihre Angehörigen nicht mehr am eigenen Hof zu begraben.

Paula und Helmut entdecken einige Gemeinsamkeiten und so machen sich der grummelige 80jährige und die traurige 20jährige auf, um in einem klapperigen Wohnmobil in die Alpen zu fahren. Eine Reise, die beide an ihre Grenzen bringt und darüber hinaus.

Während die Geschichte fortschreitet, reduzieren sich die Kilometer, die Paula in der Depression steckt. Kapitel für Kapitel wird die Zahl kleiner, die diese überschreiben. Nach einem besonders aufwühlenden Gespräch etwa, reduziert sich die Zahl in einem großen Schritt. So wird noch einmal verdeutlicht, was für Paula wichtig ist, und was weniger.

Und obwohl es eine schrecklich traurige Geschichte ist, wird mit Humor nicht gegeizt. Es gibt lustige Anekdoten über die beide Lachen können, es gibt Peinlichkeiten, witzige Erlebnisse und manchmal auch etwas Galgenhumor.

Als Leser*innen sitzen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge bei diesem Buch. Es ist wunderschön zu lesen, wie sich diese beiden oberflächlich so verschiedenen Menschen annähern und gegenseitig stützen. Diese beiden haben sich eine Menge zu geben und zu sagen.

Und wer am Ende nicht mindestens feuchte Augen bekommt, muss wirklich ein kaltes Herz haben. Paula und Helmuts Reise hat mich sehr berührt. Das ist ein Buch, das ich bestimmt noch einmal lesen werden.