Liebe und Leid liegen nah beieinander

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Paula liebt ihren Bruder über alles. Sie ist überzeugt davon, dass er sie zu einem besseren Menschen macht. Paula ist eher menschenscheu, ihr kleiner Bruder Tim das genaue Gegenteil von ihr. Neugierig, aufgeweckt und überaus wissbegierig ist Tim. Er liebt alle Tiere, besonders aber das Meer und die Meeresbewohner, da trifft es sich gut, dass die große Schwester Biologin ist und die Tiefsee erforschen will. Als ein schrecklicher Unfall passiert, erfährt Paula am Telefon davon. Danach ist nichts mehr so, wie es vorher war.

„An meinem Kühlschrank hängt bis heute ein Graph, auf dem man sieht, wie ein menschliches Herz zerbricht.“ (Seite 20)

Paula wird mit dem Tod ihres Bruders nicht fertig. Sie zieht sich zurück, wird depressiv, verzweifelt am Leben. Als sie bei einem nächtlichen Besuch auf dem Friedhof Helmut, einen über 80jährigen, schrulligen alten Herren trifft, ist dies der Beginn eines außergewöhnlichen Trips, der beider Leben, insbesondere aber das von Paula, verändert.

Paula wendet sich in diesem Buch nicht an uns, sondern an Tim, ihren Bruder. Während sie ihre abenteuerliche Reise mit Helmut schildert, erinnert sie sich an Situationen mit ihm, an seine Fragen, seine Ängste, seine Eigenheiten. Dieses Buch handelt vom Sterben und vom Neuanfang. Vom Leben und vom Tod. Es ist traurig, es ist herzzerreißend, gleichzeitig aber auch lustig und erfrischend. Diesen Spagat zu schaffen, ist eine Kunst, und diese beherrscht Jasmin Schreiber wunderbar.

Lange habe ich mich gesträubt, dieses Buch zu lesen. Ich hatte Angst, dass es mich zu traurig macht. Meine beste Freundin hat mir vor vielen Jahren gesagt, solange ich keinen echten Verlust erleiden würde, wüsste ich gar nicht, was Trauer ist. Sie war sehr klug, meine Freundin, und sie war in ihrem Leben auf viel zu vielen Beerdigungen. Ich nicht. Als sie selbst vor ein paar Jahren unerwartet und viel zu jung aus dem Leben gerissen wurde, verstand ich, was sie meint. Auf grausame Weise wurde mir klargemacht, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich konnte monatelang nicht über sie sprechen, ohne in Tränen auszubrechen. Das ist heute, viele Jahre später, manchmal immer noch so. Sie fehlt mir.

Dieses kleine Buch ließ mich schmunzeln, weinen und lachen. Manche Sätze hätte ich mir am liebsten angestrichen, ausgedruckt und aufgehängt. Die beiden Charaktere sind so wunderbar, so außergewöhnlich gut gezeichnet, dass ich mir gewünscht hätte, die Reise dauert länger. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Triggerwarnung: Tod, Depression, suizidale Gedanken.