Willst du sterben oder nur nicht leben?

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phoenix84 Avatar

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Im Roman "Marianengraben" von Jasmin Schreiber treffen zwei sehr verschiedene Charaktere aufeinander, die jedoch eines gemeinsam haben: den Verlust eines geliebten Menschen. Da ist auf der einen Seite Paula, eine depressive Biologiestudentin, auf der anderen Seite der verschlossene und griesgrämig anmutende Helmut, der trotz seines hohen Alters mit Paula auf einen Roadtrip der besonderen Art startet, welcher für beide Protagonisten Herausforderungen unterschiedlicher Art bereit hält und das Thema Trauer immer wieder berührt.
Der Schutzumschlag des Buches ist auffällig mit roten Tentakeln auf dunklem Grund gestaltet, ein Thema, das auch inhaltlich immer wieder aufgenommen wird, insofern gut gewählte Gestaltung. Das Thema der Tentakeln wird auf Buchdeckel und -rückseite selbst wieder aufgegriffen, wo diese gut spürbar eingestanzt sind. Des weiteren gibt es ein Lesebändchen, was ich persönlich schätze.
Der Sprachstil des Romans ist sehr leicht zu lesen; die Sätze kommen wenig verschachtelt daher. Da aus der Sicht einer jungen Frau geschrieben wird und auch um die eigentlich schwere Thematik erträglicher zu machen, wählt die Autorin vermutlich ziemlich bewusst eine flapsige und teils etwas ausfallende Rhetorik.
Zu Beginn des Buches unterstreicht dies manch skurrile Szene, wie die erste Begegnung zwischen Paula und Helmut auf dem Friedhof und erzeugt einen schrägen Humor. Dieses Stilmittel wirkt im weiteren Voranschreiten der Handlung jedoch teilweise zu sehr überspitzt und aufgesetzt, was beim Lesen auch als störend empfunden wurde.
Die Beziehung, die zu den Protagonisten aufgebaut wird, bewerte ich als sehr unterschiedlich. Paula, aus deren Sicht der Roman erzählt wird, war für mich und meine mitlesende Freundin sehr schwer greifbar und unnahbar bis zum Schluss. Natürlich hat sie diesen sehr schweren Verlust zu verkraften, jedoch kommt man ihrer Gefühlswelt nicht wirklich nah oder sie ist so plakativ im Ausdruck, dass auch das emotional nicht berührend ist. Sie bleibt eigenartig flach. Ganz anders ging es uns hier bei Helmut, der als sehr vielschichtig daher kommt und der im Verlauf des Roadtrips mehr und mehr von sich preisgibt und auch durch seine Vergangenheit dem Buch die dringend benötigte Tiefe gibt. Hier finden sich in den leisen Tönen die Emotionen, hier wurde man als Leser berührt.

Abschließend möchte ich sagen: das Thema ist mutig gewählt, die Tiefe der Trauer bewusst mit einem Aufstieg aus dem Marianengraben verdeutlicht, die Hauptcharaktere sehr divers, leider geht das Ganze nicht so sehr unter die Haut, wie es könnte. Schade, daher nur 3 Sterne.