Marina - eine Gruselgeschichte

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theresia626 Avatar

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Es wird Herbst. Óscar Drai, ein einsamer 15jähriger Internatsschüler, streift nach dem Unterricht gern durch die Gassen von Barcelona, vorbei an einst herrschaftlichen Prachtvillen, die jetzt nur noch Ruinen sind, aber immer noch geheimnisvolle Gärten besitzen. Fasziniert und magisch angezogen von berauschender Musik betritt er die Veranda eines dieser verwunschenen Häuser. Auf dem Tisch neben dem Grammophon liegt eine Taschenuhr. Da er vom Hausherrn erwischt wird, rennt er davon, behält die Taschenuhr aber in der Hand. Óscar bringt nach wenigen Tagen reumütig die Uhr seinem Besitzer zurück und lernt Germán und Marina kennen. Marina führt Óscar zu einem alten, versteckten Friedhof in Sarria. Dort hatte sie vor Monaten eine Dame in Schwarz entdeckt, die jeweils am letzten Sonntag des Monats erschien, eine Rose auf ein Grab ohne Namen niederlegte, wo nur das Symbol eines schwarzen Schmetterlings abgebildet war  und dann wieder verschwand. Diese Gravur weckt die Neugier der beiden und sie verfolgen die alte Dame bis zu einem Gewächshaus. So beginnt die Geschichte und für Óscar wird es die schönste Zeit seines noch jungen Lebens, geprägt von der Angst, Germán und Marina wieder zu verlieren.   

Carlos Ruiz Zafòn Erstlingswerk „Marina“ läßt erkennen, daß in dem Autor ein außergewöhnliches Potential steckt, den Leser mit schaurig schönen Geschichten angenehme Lesestunden zu bereiten. Zu Beginn des Romans läßt sich der Autor nicht in die Karten schauen, er führt den Leser auf viele falsche Fährten. Eine weite Reise durch das geliebte Barcelona von CRZ habe ich nicht gemacht, dafür aber eine Reise in die geheimnisvolle Welt von Michail Kolwenik, dem einstmals reichsten Mann Barcelonas und seiner wunderschönen Frau Ewa Irinowa. „Michail Kolwenik war ein brillanter Mann“,… „Solche Menschen wecken immer den Argwohn von Leuten, die sich unterlegen fühlen. Der Neid ist ein Blinder, der einem die Augen auskratzen möchte.“(S.154)  Sprachlich perfekt und einfühlsam erzählt der Autor drei Liebesgeschichten, wie sie verschiedener nicht sein könnten. Doch „Marina“ ist mehr als ein Roman über Verliebte und Liebende, er ist ausgesprochen vielschichtig, er enthält Elemente einer Horrorgeschichte und etwas Fantasy. Es geht um Schöne und Reiche, Neid und Habsucht, die in Mord endet, Ergebenheit, die über den Tod hinaus geht und verstoßene Mittellose, die ihre Kinder Anfang des 20. Jahrhunderts in den Abwasserkanälen zur Welt bringen müssen. „Die örtliche Legende sprach von einer Stadt der Dunkelheit.“ An die Oberfläche ins Leben gelangt, dem Wahnsinn nicht mehr fern, ist der Weg aus dem Reich der Lebenden wieder in die Finsternis vorprogrammiert. Ich habe „Marina“ gern gelesen und kann den Roman jedem empfehlen, der sich in eine Welt fern jeglicher Realität entführen lassen möchte.