Gefangen im Spiel der Geheimdienste

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
krimine Avatar

Von

Hamburg nach dem 11.09.2001. Issa, ein tschetschenischer Flüchtling, hält sich illegal in Deutschland auf und bittet eine ihm unbekannte türkische Familie um Hilfe. Melik, der Sohn der Familie, ist von der Bitte des Fremden völlig irritiert und versucht ihn abzuweisen. Seine Bemühungen sind nicht von Erfolg gekrönt, da seine Mutter Leyla Mitleid mit dem Schwerkranken hegt und so verstecken sie ihn gemeinsam in ihrer Wohnung. Was sie zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht ahnen können, der unbekannte Fremde ist kein unbeschriebenes Blatt mehr.

Im Verlaufe des Geschehens übernimmt die Anwältin Annabel Richter, die für eine Hamburger Hilfsorganisation tätig ist, die rechtliche Unterstützung für Issa. Von Zweifeln geplagt, versucht sie bei Issa alles richtig zu machen. Denn schon einmal hat sie einen Mandanten verloren, der trotz ihrer Unterstützung abgeschoben wurde. Voller Engagement hängt sie sich in die Sache rein, bis auch sie zur Zielperson des Verfassungsschutzes wird und mit ihnen zusammenzuarbeiten muss.

Weitere Hilfe erfährt Issa durch den Bankier Tommy Brue, der nach anfänglicher Skepsis Issa seine volle Unterstützung gewährt. Als Besitzer einer Privatbank verwaltet er das Erbe des Flüchtlings, schmutziges Geld aus Russland, angelegt vor Jahren noch von seinem Vater auf einem so genannten Lippizanerkonto. Sein Interesse an Issa besteht vorrangig darin, sich der Altlasten seines Vaters zu entledigen und die Bank von ihnen zu säubern.

All diese Geschehnisse werden zunächst unbemerkt, später aber offensichtlich, von verschiedensten Organisationen, ob nun Verfassungsschutz oder Geheimdienste überwacht und als diese ihre Chance wittern, über Issa an einen noch größeren Fisch heranzukommen, schlagen diese erbarmungslos zu. Alle Skrupel werden dabei über den Haufen geworfen und zurück bleiben letztendlich nur die Opfer. Und Opfer sind sie alle in diesem Spiel.

Der Autor John le Carre, selbst ein Ex-Agent des britischen Geheimdienstes profitiert von seinem Wissen und den Erfahrungen in dieser Branche, die er gezielt in seinen Romanen einsetzt. Sprachlich recht anspruchsvoll unter Bezugnahme einzelner, sehr relitätsnah umgesetzter Charaktere versteht er es, den Leser stellenweise gut zu fesseln. Leider stolpert dieser aber immer wieder über langatmige Passagen oder Protagonisten, denen es einfach am nötigen Tiefgang fehlt und die dadurch zunehmend blass erscheinen.

Das Thema des Buches ist sehr aktuell gewählt. Die Auseinandersetzung mit moralischen Grundsätzen unserer heutigen Zeit wird aus verschiedenen Positionen heraus verarbeitet, so dass der Leser während des Lesens gezwungen ist, des Öfteren nachdenklich einzuhalten. Alles in allem, ein gut gewählter Stoff. Und trotzdem konnte mich dieser Roman insgesamt nicht so richtig überzeugen. Es bleibt das Gefühl, dass der Autor durch das Buch einen Weg gefunden hat, seine Wut und die Unfähigkeit, Dinge verändern zu können, verarbeitet. Man selbst als Leser bleibt aber ziemlich unzufrieden zurück.