Nebenzellen der 'Hamburger Zelle'

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Kurz nach den Anschlägen des 11. September richtete sich die Medienwelt auf Hamburg: Dort - vor der Kulisse von Reeperbahn und Möwengeschrei - agierte über Jahre hinweg eine fundamentaliste Gruppierung. Als Kopf der sogenannten 'Hamburger Zelle' gilt Mohammed Atta, der eines der Flugzeuge in das New Yorker World Trade Center steuerte. . Dass die bittere Realität doch so manche Fiktion übertrifft, hat sich der Autor John le Carré zu Nutze gemacht - er zieht vor diesem Hintergrund subtil seine Stricke und lässt zitternd seine Marionetten spielen. . Der Polit-Thriller 'Marionetten' beschreibt das Leben des Tschetschenen Issa, der über Umwege schliesslich in Hamburg strandet, um dem Traum eines Medizinstudiums nachgehen zu können. Während er offenscheinig versucht, ein durchschnittliches Leben zu führen, sind die Geheimdienste auf den gläubigen Immigranten aufmerksam geworden. Die Vermutung, dass er Kontakte zu terroristischen Verbindungen pflegt, werden laut. . Le Carré hat seine Protagonisten gezielt inmitten hochaktueller Brennpunkte plaziert: Kritik an der Migrationspolitik in Deutschland, klassische Vorurteilsmuster anderen Nationalitäten gegenüber, Misstrauen nach den Kenntnissen rund um Anschläge, Kofferbomber, Attentäter.  . Viele Menschen in Deutschland haben keinerlei Berührungspunkte mit Migranten, ihren wie immer sehr individuellen Hintergründen und ihrem vorurteilsgeprägten Alleinkampf - allein diese Tatsache sollte den Leser dazu anregen, über diesen spannend wie komplexen Thriller hinweg zu reflektieren. Es passiert hier in diesem Lande. Sicher nicht exakt so. Aber ähnlich.