Gegenentwurf zur aktuellen Landidylle

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Aktuell scheint das Dorfleben als Idealvorstellung eines guten und erfüllten Daseins romantisiert zu werden. Zeitschriften wie "Landleben", "Landidee", "Landlust" vermitteln Sinnhaftigkeit in der vermeintlichen Geborgenheit der Natur. Da ist es doch schön, ein eher realistisches Titelbild wie das Cover dieses Romans zu sehen. Wobei sich subtil die Frage einschleicht, ob es sich um ein Fenster um 1580 oder fast 500 Jahre später handelt. Wer schon einmal die rauhe Natur erlebt hat, weiss, dass sie nicht immer schön ist, sondern häufig beängstigend. Der Mensch steht ihr in Abhängigkeit gegenüber und benötigt Beobachtungsgabe, um ihre Gesetze zu verstehen. In der Weite der Landschaft kann eine Einsamkeit stecken, in der Zusammengehörigkeit der Dorfgemeinschaft eine Abgrenzung und in der Ruhe eine Abstumpfung - mit Betonung auf "kann". Genügend Potenzial, um eine Geschichte zu entwickeln, die womöglich Anpassung und ihre Grenzen thematisiert. Ich empfinde die Sprache von Frau Kubsova als sehr poetisch. Fast wie ein Gemälde saugt sie einen durch lange nicht mehr vernommene Worte einer fast vergessenen Zeit in die Szenerie ein. Mich würde vor allem der Aspekt der Zeitlosigkeit interessieren. Welches Thema eint die beiden Protagonistinnen in verschiedenen Jahrhunderten und welchen Handlungsspielraum haben sie zur Bearbeitung? Es klingt zunächst nach schwerer Kost und das ist doch ganz wunderbar.