Mikrokosmus Kloster

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
fornika Avatar

Von

England, 1158: Marie, die uneheliche Schwester Königin Eleonores, darf nach dem Tod ihrer Mutter nicht etwa an deren königlicher Seite ein neues Leben beginnen, sondern wird in ein abgelegenes Kloster abgeschoben. Dort soll sie in der Vergessenheit versinken, doch Marie ist nicht nur durchsetzungsfähig, sondern auch mit einem wachen Geist und Weitsicht gesegnet, und so nutzt sie ihren Posten als Priorin nicht nur zum eigenen Vorteil.
Was hat mich dieser Roman abgeholt. Starke Frauenbilder in Romanen sind heutzutage ja ein wenig in Mode gekommen, werden aber immer wieder für mich zu abgeschmackt oder klischeehaft aufgezogen. Nicht so hier. Marie ist bis zum Tode ihrer Mutter mit sehr starken und unabhängigen Frauen aufgewachsen, und das hat sie zutiefst verinnerlicht. Das Kloster ist ein mehr oder weniger geschützter Mikrokosmus, in dem sie ihre Visionen entwickeln und auch verwirklichen kann. Nach und nach überzeugt sie nicht nur sich selbst, sondern ihre Mitschwestern, was Frauen alles können und auch leisten dürfen. Es ist wunderbar zu lesen, wie ihre und die Macht des Klosters nach und nach wachsen. Das alles erzählt die Autorin sehr kraftvoll, aber auch reduziert. Es wird nichts in großen, farbigen Bildern heraufbeschworen, sondern fein mit wenigen Worten beschrieben und trotzdem kommt man als Leser sehr schnell an. Ich fand diesen ruhigen Stil sehr stimmig mit der klösterlichen Atmosphäre.
Für mich war dieser Roman eines der Jahreslesehighlights bisher. Ganz große Leseempfehlung.