Mittelalter ganz nah

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anneke Avatar

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Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass mir ein Buch über das Leben einer Nonne in einem mittelalterlichen Kloster so gut gefällt. Und es hätte auch nicht jede Autorin geschafft, daraus eine feministische Geschichte zu bauen.

„Matrix“ ist eine fiktive Biographie über Marie de France, die von Königin Eleonore vom englischen Hof in ein verarmtes Kloster abgeschoben wird. Unter den Frauen dort findet sie – wider Erwarten – ihr Glück und ihre Bestimmung. Marie sticht heraus, weil sie so unperfekt ist: Sie ist keine Schönheit, zu groß und zu ungelenk. Sie ist ehrgeizig, beinahe schon hochmütig, und sie will unbedingt Eleonore beeindrucken, aber das macht sie in meinen Augen als Protagonistin erst so richtig interessant.

Das klösterliche Leben im 12. Jahrhundert wird anschaulich beschrieben und man spürt, wieviel Recherche dahintersteckt. Lauren Groff schafft es, einem das Mittelalter wirklich nahezubringen. Der Schreibstil ist – nach kurzer Gewöhnungszeit – gut zu lesen, auch wenn die teilweise recht langen Sätze und die ausschließliche Verwendung indirekter Rede vermutlich nicht für jeden etwas ist.

Insgesamt ist die Handlung auch eher eine Beschreibung von Maries Leben, ohne einen klassischen großen Konflikt, der im Laufe der Geschichte gelöst werden muss. Trotzdem funktioniert es irgendwie, weswegen ich das Buch auch Leuten ans Herz legen würde, die sich normalerweise nicht an historische Romane heranwagen.