Ungewöhnlich, ungewohnt - überraschend!

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didi_liest Avatar

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Marie, 17 Jahre und uneheliche Halbschwester von Königin Eleonore, hat als verwaiste und ungelenke, unweibliche Riesin keine Zukunft am englischen Königshaus. Mangels anderer Alternativen wie Heirat entsendet die Königin Marie gegen deren Willen als Priorin in ein offensichtlich zu Grunde gehendes Kloster.

Marie, die Tochter einer Amazone, Kreuzzüglerin und absolut strahlenden Mutter - nun in der Gemeinschaft von übriggebliebenen 20 gottesfürchtigen Nonnen.

Anfangs ringend mit ihrem Schicksal und immer in der Hoffnung, dass ihre Liebe Königin Eleonore sie zurückkehren lässt, beginnt sie bald, sich ihrem Schicksal zu fügen. Marie durchbricht die Strukturen des Klosters, besetzt die Stellen des verarmten Klosters um, baut Macht auf und wird schließlich Äbtissin. Alsbald erfährt sie Visionen, die ihr helfen, das Kloster zu wahrer Pracht und Schönheit zu führen, mehr und mehr Nonnen und Bedienstete um sich zu scharen und die Reichweite der klösterlichen Macht auszubauen.

Zentrales Thema ist neben Marie und ihren Gedanken und Gefühlen das klösterliche Leben, Beziehungen zwischen den Nonnen und der Alltag im Kloster. Wir werden Zeuge von Liebe - nicht nur Gottesliebe sondern auch Liebe zwischen den Frauen. Immer wieder wird der schmale Grat zwischen Maries genialen Ideen und Visionen zu einem immer deutlicher werdenden Größenwahnsinn klar - ihre Fähigkeit zur Führung wechselt sich ab mit Verzweiflung über die ganze Welt.

Groff zeichnet klar und deutlich, in einem eher ungewöhnlichen Schreibstil ohne direkte Dialoge das Bild religiösem Lebens und der zugehörigen Institutionen.

Der Stil ist tatsächlich gewöhnungsbedürftig - doch einmal eingelesen liest sich Matrix (übrigens "die Mutter von allem") ein einem Zug leicht durch. Die Spannung fällt überaus selten ein wenig ab, wird aber sofort durch Zeitsprünge wieder aufgenommen und man will einfach nur erfahren, wie es weitergeht.

Uneingeschränkte Leseempfehlung - Achtung! kleine Contentwarnung: da es in diesem Roman trotz fehlender männlicher Protagonisten (auch) um (körperliche) Liebe geht, sollten Lesende für diese Thematik offen sein.