Vom Bastard zur Heiligen

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hurmelchen Avatar

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Lauren Groff erzählt in ihrem Roman „Matrix“ sehr frei die Geschichte der Marie de France, einer Poetin und Mystikerin des 12. Jahrhunderts, die als uneheliches Kind der Plantagenets nach dem Tod ihrer Mutter, am Hof Henry II von England und seiner Gattin Eleonore von Aquitanien lebte, bis sie von Eleonore des Hofes verwiesen und in ein bettelarmes Kloster geschickt wurde, um dort als Priorin zu wirken und den Rest ihres Lebens zu fristen.
Marie ist jung, eigenwillig, gebildet, unattraktiv und von riesiger Gestalt. Für eine Ehe scheint sie nicht gemacht.
Im Kloster, an der Seite ihrer Mit- Schwestern entwickelt sie ein großes Geschick, die Gemeinschaft zum Florieren zu bringen, im respektvollen Umgang mit den Anderen zu leben und durch ihre Bildung, die Poesie, ihre Tatkraft und auch ihre Visionen der heiligen Jungfrau, selbst zu einer Art Heiligen zu werden.
Marie ist der Mittelpunkt, die Matrix. In ihrem Glanz werden die Nonnen selbständig, durch ihr Geschick entdecken die Frauen ihre Talente und auch ihre Sehnsüchte.
Lauren Groff feiert in „Matrix“ den Feminismus und die lesbische Liebe. Es ist geradezu ein Pamphlet, sich selbst zu entdecken und zu akzeptieren.
Das alles ist in einer superben Sprache verfasst, die aber beobachtend immer in der Distanz bleibt, die viel erzählt, aber nicht tiefer dringt.
Marie ist die unangefochtene Hauptfigur, um die herum sich die anderen Nonnen gruppieren. Leider sticht keine der Anderen heraus, auch nicht Maries lebenslange Antagonistin und gleichzeitig ihre große Liebe, Eleonore von Aquitanien. Im zweiten Teil des Romans tritt diese noch einmal auf, wird aber leider nicht zur wichtigen Protagonistin.
Ich hätte mir mehr Fokus auf diese Beziehung gewünscht, obwohl es dafür keine historischen Belege gibt, aber Groff hatte bestimmt anderes im Sinn.
Man liest den Roman, der besonders am Anfang begeistert, recht flott, doch für mich bleiben am Ende diverse Leerstellen.
Ich habe eine schöne Heiligengeschichte gelesen, etwas Mythologisches, eine Legende, die mich durchaus erbaut hat - mehr aber auch nicht.