Atmosphärisch dichter Krimi

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silke2207 Avatar

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London, 1910, für Inspector Joseph Maybrick beginnt ein neuer Lebensabschnitt, denn heute beginnt er seinen neuen Job als Divisionsinspektor im Londoner East End, eins der schlimmsten Viertel Londons, da hier Armut und Elend, aber auch viele kriminelle Banden herrschen. Doch sein erster Arbeitstag beginnt gleich auf die schlimmste Weise, als er zu der Leiche eines Kindes gerufen wird. Gemeinsam mit Doktor Roberts beginnt Maybrick zu ermitteln und befindet sich bald schon in einem undurchdringlichen Dickicht aus Lügen und Intrigen.
Mit Maybrick und die Toten von East End erschien nun der erste Band einer neuen, historischen Krimireihe, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem der schlimmsten Elendsvierteln Londons spielt.
Das Cover, düster und mit einem gewissen Peaky Blinders Flair, macht neugierig. Autorin Vanessa Glas macht es dem Leser leicht, in das Buch zu finden, denn ihr Schreibstil sorgt für gutes Kopfkino, aber auch für eine der Zeit entsprechenden Atmosphäre. Der Autorin ist es nämlich wirklich richtig gut gelungen, das East End mit all seiner Kriminalität und Elend glaubwürdig und, auch wenn ich es natürlich nicht belegen kann, authentisch darzustellen.
Durch ständige Wechsel der Perspektiven erhält man einen detaillierten Überblick über das Geschehen, sowohl was die Ermittlungsarbeiten als auch was die Bandentätigkeit angeht. Dabei ist der Fall und auch die Darstellung der Banden spannend, weißt aber auch so einige Längen auf, die für mich zu sehr aufs Tempo drückten und dadurch auch die Spannung schwinden ließ. Es war jetzt nicht langweilig, aber so manch ein Ereignis, vor allem wenn Hester und Heath zu Wort kamen, war mir etwas zu ausführlich. Zwar wird im Nachhinein das gesamte Geschehen aufgelöst, aber der Weg dahin hätte durchaus kürzer sein können, ohne dass man das Gefühl hatte, es würde etwas fehlen.
Maybrick als Protagonist hat mir sehr gut gefallen. Er stammt nicht nur selbst aus dem East End Londons und hat dadurch das nötige know how im Umgang mit den Personen, sondern ist einfach ein Mensch, der sich für etwas einsetzt. Dabei hat er allerdings selbst so einige schlimmere Erlebnisse in seiner Vergangenheit, die noch nicht so ganz klar wurden. Da ich aber schätze, dass es eine neue Reihe wird, wird dazu bestimmt noch einiges mehr folgen.
Doktor Roberts ist eine sehr eigenwillige Persönlichkeit und seiner Zeit in so manchem weit voraus. So ist er, was die Ermittlungen betrifft, absolut korrekt und voller Ideen, wie z. B. dem Nehmen von Fingerabdrücken, mit denen er Ermittlungen vorantreibt.
Mir haben beide Charaktere ausgesprochen gut gefallen, denn trotz all ihrer Gegensätze sind sie doch zusammen ein extrem Gutes Team, dass sich auch mit zu der Zeit neumodischen Ermittlungsmethoden auseinandersetzt.
Neben diesen beiden Ermittlern stehen vor allem noch das Gaunerpärchen Hester und Heath hier im Mittelpunkt. Auch wenn es genau deren Part war, der mir hin und wieder zu lang wurde, war es auch genau das, was das Leben im verkommenen East End hier absolut glaubwürdig werden ließ.
Insgesamt gab es hier eine große Anzahl Nebencharaktere, die die Geschichte sehr authentisch wirken und den Leser in die Vergangenheit reisen ließen.
Mein Fazit: ein größtenteils spannender und vor allem atmosphärisch dichter Krimi, der den Leser in eine andere Zeit entführt. Wirklich facettenreiche Charaktere und ein doch wirklich schockierender Fall machen das Buch rund und sorgen für spannende Unterhaltung. Von mir gibt es eine Leseempfehlung.