Rasant und spannend

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taina Avatar

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Ein Roman für ältere Kinder (ab 12 Jahre), der spannende Einblicke in die griechische Mythologie bietet. Hier wird diese auf den Kopf gestellt, da es um die Frauen geht, die nur allzu oft eine untergeordnete Rolle inne und wenig zu sagen haben. Katherine Marsh hat mit Ava und ihren Freundinnen Fia und Layla Protagonistinnen erschaffen, die stets auf die Rollen der weiblichen Gestalten Wert legen und sich dann durch ihre eigenständigen Aktionen in große Gefahr bringen.
Es beginnt mit einer alltäglichen Erfahrung von Mädchen in der Schule: Obwohl Ava sich gemeldet hat, wird Owen, der sich vordrängelt, bevorzugt. Ava ist wütend und es geschieht etwas Unerwartetes, woraufhin die Mutter Ava und ihren älteren Bruder Jax sofort auf der Accademia del Forte in Venedig anmeldet – ein weiter Weg von ihrem Zuhause in Amerika. Es soll sich nach Aussage der Mutter um ein Internat für besonders begabte Kinder handeln, was sich auf eine originelle Weise als richtig erweist. In der Accademia tauchen Ava und Jax viel tiefer in die griechische Mythologie ein, als sie sich das hätten träumen lassen. Ava findet in Fia und Layla Freundinnen und in Arnold einen guten Freund. Die Freundinnen wollen wie sie nicht hinnehmen, dass stets nur von den männlichen Göttern gesprochen wird und die Frauen eigentlich nichts zu sagen haben. Es beginnt eine aufregende und rasante Handlung mit vielen Aktionen, bei denen es um Leben und Tod geht. Dabei muss sich die sich Freundschaft der drei Mädchen sowie des Jungen Arnold beweisen, und wenn Freunde in Not sind, dann wachsen sogar Flügel – im wörtlichen Sinne. Selbstverständlich unterstützt auch Jax seine kleine Schwester.
Die mythologischen Gestalten werden durch die verschiedenen Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer verkörpert. Gut, dass sich im Anhang des Buches ein Glossar befindet, in dem auch Erwachsene immer wieder nachsehen können, wer auf dem Olymp welche Rolle innehatte, über welche spezifischen Fähigkeiten verfügt und wie das Verwandtschaftsverhältnis der weit verzweigten Familie der Gottheiten war. Dies ist nicht nur spannend, sondern äußerst lesbar und unterhaltsam geschrieben und bringt den Leserinnen und Lesern die Göttinnen, Götter und eben auch die Monster sehr nahe. Die Idee von Katherine Marsh, diesen eine konkrete Person auf der Accademia zuzuordnen, hilft beim Verstehen und Behalten.
Was allerdings auffällt, sind die vielen Anleihen bei Harry Potter: Schon der Empfang auf der Accademia präsentiert ein Bankett, das stark an die Szene im Stein der Weisen erinnert, nur, dass hier eben kein gebackener Kürbis, sondern italienische Spezialitäten serviert werden. Die Freundschaft, bei der die Jugendlichen ihre unterschiedlichen Fähigkeiten zusammentragen müssen, um zum Erfolg zu gelangen, hat viele Anklänge an J.K. Rowlings Erfolgsroman, wenngleich man zugeben muss, dass sie selbst mit Fluffy eine Inkarnation von Zerberus geschaffen und ihrerseits viele Mythen aufgegriffen hat. Diejenigen Leser, die mit Harry Potter gut vertraut sind, werden weitere Parallelen schnell aufspüren.
Insgesamt ein aufregender Roman, der die Interessen der Jugendlichen bedient. Auch das Internat ist ja seit Hanni und Nanni vor über 80 Jahren ein immer wieder gern gelesener Ort – es entspricht dem Wunsch der Heranwachsenden nach Ablösung von den Eltern und einer Peer Group, in der sie sich erproben können.