Die Geister der Vergangenheit holen einen IMMER ein!

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karschtl Avatar

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Wieder mal ein hervorragender Krimi aus Fjällbacka. Eine ganz neue Story, trotz der dem treuen Leser bekannten Hauptakteuren. Obwohl der Ort ja nur 1000 Einwohner hat, passieren dort immer wieder außergewöhnliche Dinge, die es lohnt niederzuschreiben.

Diesmal wird ein Bibliothekar, der gerade seinen Debütroman veröffentlicht hat, mit Drohbriefen in die Enge getrieben. Auch seine drei besten Freunde sind Zielscheibe des 'Drohers', einer von ihnen wird sogar ermordet. Für welche Tat allerdings ist sowohl der Polizei als auch den Beteiligten lange nicht ganz klar. Eine mühevolle Suche nach ihrem gemeinsamen Geheimnis beginnt, in der Hauptermittler Patrick wieder mal von seiner Frau Erica - hochschwanger mit Zwillingen - unterstützt wird.

Erneut arbeitet Laeckberg mit dem Stilmittel der eingeschobenen Rückblenden, die sie in variierter Form (mal waren es Tagebucheinträge, mal Märchen...) bereits in ihren vorherigen Romanen benutzt hat. Dadurch erhält der Leser nach und nach einen Puzzleteil, die er am Ende alle zu einem fertigen Bild zusammensetzen kann/soll. Die Erkenntnisse der Ermittler bilden weitere Puzzleteile, wobei Laeckberg hier gekonnt nur so viel preis gibt, um den Leser in der Spannung zu halten aber nicht so viel, dass er den Fall ganz leicht lösen kann. So wird mehrmals nur angedeutet, dass jemand einen wichtigen Hinweis gefunden hat ohne zu sagen um was genau es sich handelt.

Trotz der vielen Szenenwechsel (oft blieb die Handlung nur 2-3 Seiten bei der selben Person/Ort) konnte man sehr gut folgen. Das Buch wurde wunderbar übersetzt, ist gut lesbar und wie bereits gesagt - bis zum Ende spannend!

Da der Kriminalfall an sich bereits mehrere Personen und deren Familien umfasst, ist diesmal nicht viel Platz für Nebenhandlungen. Nur am Anfang des Buches, wo sich die restliche Handlung erst beginnt zu entfalten und mehr und mehr Personen involviert werden, ist Zeit und Raum für eine nähere Charakterisierung von Polizeichef Mellberg. Dieser wird uns zuerst als liebevoller Opa präsentiert, der absolut vernarrt ist in den Enkel seiner Lebensgefährtin. Später wird uns auch sein beruflicher Charakter präsentiert, der keineswegs so positiv ist. Nach außen hin spielt er sich als Big Boss auf, der alle Fäden selbst in der Hand haben muss, obwohl er im Grunde recht inkompetent und noch dazu zu faul und zu müde ist, um sein Team wesentlich bei der Auflösung des Falles zu unterstützen.
Obwohl mir Mellberg aus den anderen Büchern noch in Erinnerung ist, ist mir sein Charakter nie so negativ aufgefallen. Vielleicht wurde es bisher nie so deutlich gemacht, oder aber ich habe darauf nie viel Beachtung gelegt. Egal wie, ich fand es jedenfalls ganz gut, dass es hier keinen rein guten/bösen Charakter gibt, sondern einen der einerseits sehr sympathisch wirkt, den man aber andererseits wirklich nicht als Chef haben möchte.

Der wirkliche Stinkstiefel im Charakterensemble ist wohl Erik, der von hinten bis vorne fast nur negativ auffällt. Und es ist ja irgendwie auch wie im wirklichen Leben: Ehen, die eh nicht mehr funktionieren, haben zumindest theoretisch alles was sie benötigen. Und die Paare, die sich wirlich lieben, erleben so ein tragisches Schicksal wie Kenneth und Lisbeth.

Zur Auflösung des Falles möchte ich nicht zu viel verraten. Nur soviel: diese Variante habe ich beim Lesen kurz vor Schluss auch in Erwägung gezogen, fand sie aber irgendwie doch etwas unbefriedigend. Noch unbefriedigender fand ich allerdings, dass der Hauptschuldige eigentlich noch am besten von allen davon kommt. Aber wahrscheinlich ist das auch genau so wie im echten Leben.

Ein neues Stilmittel benutzt Laeckberg dann doch: am Ende gibt es einen Cliffhanger. Da die Meerjungfrau ja gerade erst heraus gekommen ist und die nachfolgenden Bücher noch gar nicht ins Deutsche übersetzt worden sind, ist das natürlich doppelt ärgerlich. Am liebsten würde man gleich nachlesen. Zumindest konnte ich durch ein bißchen Internetrecherche herausfinden, ob die betreffenden Personen im nachfolgenden Buch noch vorkommen.

Ich bedanke mich, dass ich in den Genuss gekommen bin, einen weiteren Fjällbacka-Krimi lesen zu dürfen.