Sie nimmt dir, was du liebst...

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**Inhalt**

In Camilla Läckbergs neuestem Kriminalroman um Kommissar Patrik Hedström und seine Frau, die Autorin und "Hobby-Detektivin" Erica Falck, sind beide Ehepartner wieder einmal mit ihren eigenen Ermittlungen beschäftigt, bis sich ihre jeweiligen Fälle ineinander verzahnen.
Patrik arbeitet am Vermisstenfall Magnus Kjellner. Dieser sympathische und allseits beliebte Mann verschwand eines Morgens spurlos von zuhause, seine verstörte Frau Cia erscheint wöchentlich auf der Polizeiwache, doch letztlich hilft nur "Kommissar Zufall" weiter, als Magnus´ Leiche unter einer Eisscholle aufgefunden wird.
Erica ist dagegen mit den geheimnisvollen Drohbriefen beschäftigt, die ihr Freund und Autorenkollege Christian Thydell erhält. Christian ist gerade mit seinem Debütroman "Die Meerjungfrau" ins Licht der Öffentlichkeit getreten, er kann sich aber an seinem Erfolg nicht erfreuen, sondern wird zusehends zum nervlichen Wrack. Erica, die trotz einer fortgeschrittenen Zwillingsschwangerschaft wie gewohnt nicht ihre Nase aus den Angelegenheiten anderer Menschen lassen kann, versucht, dem Geheimnis der Drohbriefe auf die Spur zu kommen und bemüht sich sehr emsig und zu Christians Missfallen, etwas über seine Vergangenheit herauszufinden, eine Zeit, über die er nicht einmal mit seiner eigenen Ehefrau spricht.
Bald stellt sich heraus, dass nicht nur Christian Drohbriefe erhält, sondern auch seine langjährigen Freunde Erik und Kenneth, die sich offenbar vor der Rache einer Frau fürchten, sich aber beharrlich weigern, mit der Polizei über diese Bedrohung zu reden. Auch der ermordete Magnus gehörte der Männerclique an. Von jetzt an bewegen sich die Ermittlungen von Patrik und Erica aus verschiedenen Perspektiven aufeinander zu, um schließlich parallel zu verlaufen und einander zu ergänzen.

**Aufbau**

Der Aufbau des Romans ist durch rasch wechselnde Erzählperspektiven gekennzeichnet, wobei eine große Anzahl an Figuren in kurzer Zeit eingeführt wird, was für Leser, die zum ersten Mal einen Krimi der Autorin lesen, zu einer echten Herausforderung werden könnte. Diese schnellen Perspektivwechsel haben aber auch den großen Vorteil, das Interesse des Lesers wach und die Spannung auf einem hohen Niveau zu halten, denn jedes dieser Kurzkapitel endet mit einem Cliffhanger, sodass man das Buch schlecht aus der Hand legen kann, bis man weiß, was es mit den jeweiligen Andeutungen auf sich hat.
Abgesehen von den verschiedenen parallel erzählten Handlungen gibt es hier auch Rückblicke auf die Kindheit eines der Protagonisten. Diese in Kursivdruck eingefügten Kapitel erhellen nach und nach tragische Ereignisse aus der Vergangenheit, die es dem Leser erlauben, Vermutungen zu den Hintergünden des gegenwärtigen Geschehens anzustellen.

**Meine persönliche** **Beurteilung**

"Meerjungfrau" ist ein typisch skandinavisch in einer recht düsteren Atmosphäre gehaltener Roman, der viele aktuelle Probleme anspricht. Es geht vornehmlich um das Familiengefüge: die Liebe von Eltern zu ihren Kindern und umgekehrt, aber auch um das (vorhandene oder nicht vorhandene Vertrauens-)Verhältnis zwischen Eheleuten. Es wird aufgezeigt, inwiefern Defizite im "Familiengetriebe" sich zu Tragödien auswachsen können. Die Handlung des Romans wird durchgehend spannend erzählt und es gelingt der Autorin, trotz des realitätsnahen Erzählstils beim Leser Beklemmung und ein gewisses Gruseln zu erzeugen.
Die Charaktere empfand ich größtenteils als gut ausgearbeitet, lediglich der inkompetente Polizeichef ist etwas zu sehr Witzfigur und eine der Hauptfiguren etwas zu sehr "der Böse", um noch realistisch zu sein. Das Ende des Romans war mir persönlich ein bisschen zu dick aufgetragen.
Insgesamt habe ich mich aber ausgezeichnet unterhalten und werde mir auch den Folgeband "Fyrvaktaren" (bisher leider noch nicht übersetzt) nicht entgehen lassen.