Erfahrungsbericht und Selbstvermarktung

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Dieses Buch hat die große Chance, die Darmkrankheit Colitis Ulcerosa aus dem Schattendasein der ‚peinlichen‘ und verschwiegenen Krankheiten in das Bewusstsein vieler Menschen zu holen. Philipp Stehler nutzt seine Instagram-Bekanntheit, um offen über seine Erkrankung zu erzählen und so auch Verständnis für viele andere Betroffene zu wecken. Er nimmt uns Leser mit auf seine unfreiwillige Reise: beginnend mit dem Versuch, das Unerwünschte zu ignorieren und mit Medikamenten zu unterdrücken über den großen Zusammenbruch, notwendig werdende Operationen und den zunächst verhassten Kotbeutel bis hin zu seiner neuen Gestaltung seines Alltags mit mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse seines Körpers. Diese persönliche Sicht auf die Krankheit wird ergänzt durch Info-Blöcke von Herrn Professor Martin Storr, in welchen über den Kenntnis-Stand der modernen Medizin ebenso berichtet wird wie über alternative Behandlungsansätze. Gerade diese Zweigleisigkeit holt jeden Leser dort ab, wo er steht: ob als selbst Betroffener, ratloser Angehöriger oder völlig Ahnungsloser, der erstmals von der Krankheit hört. Psychische Probleme in der alltäglichen Auseinandersetzung mit der Krankheit finden genauso Berücksichtigung wie präzise medizinische Auskünfte. Dies ist eigentlich fünf Sterne wert, doch etwas stört den Gesamteindruck: Die Grenze von Erfahrungsbericht zu Selbstvermarktung verschwimmt des öfteren. Von Anfang an ist der biographische Anteil höher als durch das Thema geboten, und die reichlich vorhandenen Fotos zeugen weniger von der Auseinandersetzung mit der Erkrankung, sondern zeigen größtenteils instagram-gerechte Model-Posen. Und ganz freimütig erzählt Philipp Stehler dann auch von seiner neuen Positionierung auf dem Markt und neuen Werbepartnerschaften. Dies finde ich eher unpassend und nicht zielführend.