Gehört alles in die Öffentlichkeit?

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tintenteufel Avatar

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Ja, es ist ein sinnvolles Anliegen, auch gesundheitliche Tabuthemen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu holen! Es ist gut, dass Gesundheit nicht das normative Normal ist, sondern Krankheiten und Schwächen ebenso zum menschlichen Leben dazugehören wie die Rücksichtnahme darauf. Daher ist es absolut begrüßenswert, dass Philipp Stehler seine Instagram-Bekanntheit nutzt, um offen über seine chronische Darmkrankheit Colitis Ulcerosa zu erzählen und so auch Verständnis für viele andere Betroffene zu wecken.
Er nimmt uns Leser mit auf seine Lebensreise und erzählt, wie sich seine Einstellung zu seinem Körper gewandelt hat und wie er eine neue Achtsamkeit lernen musste, um die Probleme zu bewältigen. Zugleich vermittelt Professor Martin Storr in Infoblöcken Kenntnisse über den Stand der modernen Medizin und über alternative Behandlungsansätze. Dieses Konzept bündelt Alltagwissen mit fundierten wissenschaftlichen Informationen.
Doch drei Dinge stören mich bei der Lektüre: Von Anfang an ist der biographische Anteil sehr hoch und langweilt alle Leser, die nicht zum Fan-Kreis dieses Influencer zählen. Im Buch finden sich fast nur Fotos aus seiner Arbeit als Fotomodell, nur wenige zeigen seine Auseinandersetzung mit der Krankheit. Und gegen Ende kommen dann auch Berichte über seine neue Positionierung auf dem Markt und neue Werbepartnerschaften. Da wird mir die Selbstdarstellung eindeutig zu viel.
Ich hätte mir etwas mehr Offenheit über die Auswirkungen der Krankheit gewünscht, so dass Betroffene und Angehörige die Chance hätten, Symptome zu deuten und einzuordnen. Natürlich ist dies dann ein Einblick in die Intimsphäre, doch gerade dann könnte die Darmkrankheit Colitis Ulcerosa aus dem Schattendasein der ‚peinlichen‘ und verschwiegenen Krankheiten treten.