Wechselhaft
Ich weiß noch nicht so recht, was ich von der Protagonistin Linda halte, auch Richard stehe ich am Ende der Leseprobe zwiegespalten gegenüber, was allerdings zugleich bedeutet, dass die Autorin hier multidimensionale Charaktere geschaffen hat.
Zudem finde ich es faszinierend, wie feine Verbindungen hier gewebt werden: nicht nur, dass zum Beispiel Linda als ihre Körperhygiene ein wenig vernachlässigend beschrieben wurde, ehe sie kurz darauf selbst Gretes strengen Geruch betonte, sondern dieses ganze Kennenlernen war so beschrieben, dass ich sofort dachte, Grete würde symbolisieren, welche Alte Linda zu werden versprach - da habe ich auch echt erst kurz überlegt, ob Grete nur eine Halluzination wäre, so wie Linda ja auch weiter manchmal die Stimme ihrer Tochter zu hören vermeinte.
Sonja hat mich übrigens ein wenig verblüfft, denn immer wenn sie auf ihre Tochter zu sprechen zu kam, klang es für mich so als wäre diese als Kind und nicht als Jugendliche verstorben; da war ich wirklich verblüfft, dass sie da "schon" 17 gewesen war.
Abgesehen davon, dass der Roman offensichtlich ganz unterschiedliche Arten der Trauer aufzeigt und wie sehr sich verwaiste Eltern darüber entfremden kann, hat mich nur dieser kurze Auszug schon darüber nachdenken lassen, ob Linda ihre eigene Widersprüchlichkeit tatsächlich nicht auffällt: denn ihre Akzeptanz der Stiefkinder war doch auch eher nichtexistent, ihr Vorwurf an Richard, sich um diese zu kümmern, zwar unterschwellig, aber doch deutlich zu erkennen - diese ganze "Neu-Familie" schien mir von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen und ich denke wirklich, dass die Trennung da selbst ohne Sonjas Tod letztlich erfolgt wäre, zum Vorteil aller Beteiligten.
Richard hat mir ebenfalls ein wenig leid: von einer Frau, die sich nur halbherzig um die gemeinsamen Kinder scherte und ihm gegenüber gewalttätig geworden war, war er zu einer Frau gegangen, die sich hauptsächlich um ihre noch nichtmals existierenden Kinder scherte. Mein Mitgefühl relativierte sich aber generell, als mir auffiel, dass weder Richard noch Linda je wirklich über eine gemeinsame Zukunftsvision miteinander geredet zu haben schienen.
Wie gesagt: nach der Leseprobe denke ich, dass die Trennung dieser Beiden unumgänglich war und beiden eine neue Chance bietet, und insbesondere Linda die Gelegenheit, sich mit ihrer eigenen Trauer auseinanderzusetzen, die bisher hauptsächlich daraus zu bestehen schien, Richard seine andere Art, mit diesem Trauma umzugehen, vorzuwerfen. Ich hoffe angesichts des Titels wirklich, dass es Linda gelingen wird, sich in einem neuen Leben einzurichten, denn bis hierher ist mein Eindruck eher, dass es am Ende hier nur die zwei Optionen geben kann, dass sie entweder mit dem Unfalltod Sonjas "abschließt" oder aber mit ihrem ganz eigenen Leben.
Zudem finde ich es faszinierend, wie feine Verbindungen hier gewebt werden: nicht nur, dass zum Beispiel Linda als ihre Körperhygiene ein wenig vernachlässigend beschrieben wurde, ehe sie kurz darauf selbst Gretes strengen Geruch betonte, sondern dieses ganze Kennenlernen war so beschrieben, dass ich sofort dachte, Grete würde symbolisieren, welche Alte Linda zu werden versprach - da habe ich auch echt erst kurz überlegt, ob Grete nur eine Halluzination wäre, so wie Linda ja auch weiter manchmal die Stimme ihrer Tochter zu hören vermeinte.
Sonja hat mich übrigens ein wenig verblüfft, denn immer wenn sie auf ihre Tochter zu sprechen zu kam, klang es für mich so als wäre diese als Kind und nicht als Jugendliche verstorben; da war ich wirklich verblüfft, dass sie da "schon" 17 gewesen war.
Abgesehen davon, dass der Roman offensichtlich ganz unterschiedliche Arten der Trauer aufzeigt und wie sehr sich verwaiste Eltern darüber entfremden kann, hat mich nur dieser kurze Auszug schon darüber nachdenken lassen, ob Linda ihre eigene Widersprüchlichkeit tatsächlich nicht auffällt: denn ihre Akzeptanz der Stiefkinder war doch auch eher nichtexistent, ihr Vorwurf an Richard, sich um diese zu kümmern, zwar unterschwellig, aber doch deutlich zu erkennen - diese ganze "Neu-Familie" schien mir von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen und ich denke wirklich, dass die Trennung da selbst ohne Sonjas Tod letztlich erfolgt wäre, zum Vorteil aller Beteiligten.
Richard hat mir ebenfalls ein wenig leid: von einer Frau, die sich nur halbherzig um die gemeinsamen Kinder scherte und ihm gegenüber gewalttätig geworden war, war er zu einer Frau gegangen, die sich hauptsächlich um ihre noch nichtmals existierenden Kinder scherte. Mein Mitgefühl relativierte sich aber generell, als mir auffiel, dass weder Richard noch Linda je wirklich über eine gemeinsame Zukunftsvision miteinander geredet zu haben schienen.
Wie gesagt: nach der Leseprobe denke ich, dass die Trennung dieser Beiden unumgänglich war und beiden eine neue Chance bietet, und insbesondere Linda die Gelegenheit, sich mit ihrer eigenen Trauer auseinanderzusetzen, die bisher hauptsächlich daraus zu bestehen schien, Richard seine andere Art, mit diesem Trauma umzugehen, vorzuwerfen. Ich hoffe angesichts des Titels wirklich, dass es Linda gelingen wird, sich in einem neuen Leben einzurichten, denn bis hierher ist mein Eindruck eher, dass es am Ende hier nur die zwei Optionen geben kann, dass sie entweder mit dem Unfalltod Sonjas "abschließt" oder aber mit ihrem ganz eigenen Leben.