Das Schmerzvakuum
Das Buchcover - eine Turmspringerin, der Körper in kontrollierter Flughaltung oder ein Sprung ins Ungewisse. So ganz passt mir das Cover nicht recht zum Thema des Romans. Geht es hier erstmal vor allem um den Absturz einer Mutter in einen unfassbaren Schmerz, als sie vom Unfalltod ihrer 17-jährigen Tochter erfährt. Linda taucht ab in die Höllen des Verlustes. Sie kapselt sich ab, igelt sich ein, zieht sich in die Tiefe des Schmerzes zurück. Sie wird selbst für ihren Mann unerreichbar und geht in die innere Immigration. Sie zieht sich völlig zurück in eine ländliche Einsamkeit. Ihre Seele verkrustet, bildet einen Schorf über ihr Traumata. Bis hierhin ist der Roman und die Protagonistin nur schwer zu ertragen, aber es bringt jedoch der Teil II wieder Hoffnung in das Leben von Linda. Beißt sie zuerst alle Menschen weg, so nimmt sie im zweiten Teil doch wieder Kontakte auf und verlässt ihre Isolation. Daniela Krien erzählt diesen Roman in der Ich-Form und so erhält er ein hohes Maß an Authentizität und emotionaler Tiefe. Die Wege der Trauer bei einem plötzlichen Verlust eines Kindes können unterschiedlich sein, gemein ist ihnen jedoch, dass ein tiefer Riss entsteht, der anfänglich ein Abgrund ist. Daniela Krien besitzt die Fähigkeit, solch ein Thema mit einer sprachlichen Brillanz, klar, empathisch und situativ präzise zu beschreiben.