Sehr bewegende Seelenschau!

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rosecutsbuds Avatar

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„Heute Morgen kam ein Bussard vom Himmel geschossen… […].“ Mit diesen Worten beginnt der Roman „Mein drittes Leben“ von Daniela Krien und katapultiert damit die Leserschaft gleich zu Beginn in ein sehr aufwühlendes und emotionales Buch, welches sich hauptsächlich mit dem Thema Trauer und Trauerbewältigung beschäftigt.
Der Roman wird aus der Ich-Perspektive der Figur Linda erzählt und nimmt die Leserschaft mit auf eine Reise der tiefen Seelenschau in das Leben der Protagonistin. Linda hat zusammen mit ihrem Mann Richard ihre gemeinsame siebzehnjährige Tochter Sonja bei einem Fahrradunfall verloren. In ihrer endlosen Trauer um diesen schmerzhaften Verlust nimmt Linda die Leserschaft mit auf den sehr steinigen Weg der Trauerbewältigung, die für die Protagonistin eine schier unüberwindbare Barriere darstellt. Es ist jedoch nicht nur Linda, die trauert, auch Richard, Angehörige und Freunde trifft dieser Schicksalsschlag hart. Scheint die Trauerarbeit und -bewältigung bei den meisten letztgenannten Personen nach einer gewissen Zeit erfolgreich überstanden zu sein, bleibt Linda gefangen in einer Spirale aus Leid, Trauer, Tablettensucht und Isolation. Immer stärker zieht sie sich aus dem Leben, von ihrem Mann und ihren Freunden zurück. Das Glück und der Sinn des Lebens sind ihr scheinbar abhanden gekommen.
Daniela Krien erzählt in einer sehr eindringlichen, klaren und direkten Sprache, davon, wie es ist mit der Trauer und dem Verlust um einen geliebten Menschen nicht fertig zu werden. Und auch wenn sich die Protagonistin diesem Zustand bewusst ist, „[…] das Rückwärtsinterpretieren nützt dem Vorwärtsleben nichts […]“, zeigt der Roman sehr deutlich, dass Trauerbewältigung ein sehr individueller Prozess ist. Krien vermag abermals zu zeigen, dass sie eine Meisterin der Seelenschau ist und das Leben nicht immer nur nicht gradlinig, sondern aus mehreren Leben besteht - „Mein drittes Leben“. So gibt der Roman, trotz des emotional schwierigen Themas, auch Mut und Hoffnung, dass der Mensch vieles ertragen und überwinden kann.
Damit ist dieses Werk absolut zu empfehlen, wie auch die Werke von Krien zuvor („Der Brand“, 2021; „Die Liebe im Ernstfall“, 2019; „Muldental“, 2014; „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“, 2011). Dieses und auch die anderen Werke sind insbesondere empfehlenswert für eine Leserschaft, die sich nicht von schwierigen Themen und einer klaren, direkten Sprache abschrecken lassen. Kriens schriftstellerische Themen begeistern, bewegen und hallen nach.