Immer wieder der Vater

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
justine Avatar

Von

Aysel ist gerade mal 16 Jahre alt und plant schon ihren Tod. Sie leidet weder an einer tödlichen Krankheit noch weißt sie körperliche Defizite auf. Wäre da nicht ihr Kopf: Aysel fühlt sich ein Stück weit verantwortlich für das, was ihr Vater getan hat – er hat einen Jugendlichen umgebracht. Und da ist die Angst, nach ihrem Vater zu schlagen: Ist sie in der Lage, einen Menschen zu töten?
Zu ihrem „finalen Schritt“ fehlt Aysel der Antrieb. Sie bewegt sich deshalb auf Selbstmordplattformen, wo sie schließlich auf Roman trifft, der nur wenig älter als sie ist und nur ein paar Orte weiter wohnt – der perfekte Selbstmordpartner.
Die beiden beginnen, ihren gemeinsamen Tod zu planen, ändert sich etwas in Aysel: sie freut sich auf die Treffen mit Roman; sie wird geradezu ein anderer Mensch, wird vielleicht auch von ihren Mitmenschen anders wahrgenommen?

Das Buch behandelt bedrückende Themen: Depression, Todessehnsucht. Der Vergleich, den Aysel im Bezug zu ihrem Herz anstellt („Manchmal frage ich mich, ob mein Herz wie ein schwarzes Loch ist – eine Masse, so dicht, dass dort kein Raum für Licht bleibt.“, Seite 156), finde ich unheimlich ausdrucksvoll. Ihr Interesse an Physik und ihre Gemütslage werden in diesem kurzen Satz auf den Punkt gebracht. Die Geschichte wird aus Aysels Perspektive erzählt, sodass man einen sehr guten Blick auf ihre Sicht der Dinge bekommt. Ob man ihre Einstellung nachvollziehen kann, sei dahingestellt.

Insgesamt finde ich das Buch sehr berührend. Das Ende ist allerdings wenig überraschend. Andererseits hätte ich mir auch gar kein anderes Finale gewünscht. Eine zentrale Rolle spielt dabei Aysels Vater. Seine Tat hat einen tiefgreifenden Einfluss auf Aysel, wobei die Autorin deutliche Andeutungen macht und es trotzdem schafft, den Leser lange im Ungewissen zu lassen.
Die Geschichte erinnert an „All die verdammt perfekten Tage“ von Jennifer Niven, was allerdings nur als Information und nicht als Kritik zu verstehen ist. Jasmine Warga hat schließlich früher veröffentlicht.

Ein schönes Buch, das man auch ein zweites Mal in die Hand nehmen kann.