Sehr menschlich und sehr interessant

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sonexuy Avatar

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Manchmal überkommt mich ein seltsames Gefühl, wenn ich etwas von einem ehemaligen Leistungssportler aus der DDR lese. Dann denke ich, diese erfolgreichen Sportler sind direkt aus einer Folterkammer auf die Sportplätze entlassen worden. Nicht so bei Sven Hannawald. Er schildert seine Zeit in der DDR einerseits als perfekt durchorganisierte Zeit andererseits als Zeit, in der es ihm Spaß gemacht hat, sportliche Leistungen zu erbringen. Er schildert die DDR so, wie ich sie zum Teil auch kenne. Er gibt dem Faktor Mensch breiten Raum. Er stellt seinen sportlichen Werdegang unaufgeregt und ohne Effekthascherei dar. Selbst bei der Darstellung seiner Erfolge bleibt er auf dem Teppich. Mir gefällt an dem Buch, dass immer wieder Wegbereiter und Wegbegleiter zu Wort kommen und den Sportler und Menschen Sven Hannawald aus ihrer Sicht beschreiben.
Sehr schwierig und für mein Empfinden etwas zu kurz kommt die Darstellung seines "Absturzes" weg. Hier hat mir ein Interview mit seiner Therapeutin am meisten gegeben. Sie erklärt, wie eine Burn-out-Erkranung entstehen kann, und wie es sich bei Hannawald zugetragen hat. Sie erläutert die Therapie, ohne medizinische Laien zu überfordern.
Das Ende des Buches entlässt den Leser zuversichtlich und nicht mit dem Schicksal hadernd.
Das gesamte Buch wird durch alte und aktuelle Fotos sowie Zitate anderer aufgelockert und auch strukturiert. Es ist für mich keine Biographie im Sinne der Auflistung eines Lebens sondern eine interessante Lektüre, die mich auch über meine Vergangenheit und mein Leben nachdenken ließ.