herzergreifend

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petral. Avatar

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Jasmijn ist ein stilles Mädchen, das schon im Alter von 3 Jahren Lesen und Schreiben kann. Sie redet nur mit Menschen, die ihr vertraut sind, also mit ihren Eltern, den Großeltern und ihrem Bruder Emiel . Kommt Besuch von Verwandten , sitzt Jasmijn lieber alleine in ihrem Zimmer und bringt es nicht fertig, auch nur "Hallo" zu sagen oder gemeinsam mit ihnen zu essen. Der meist gesagte Satz ihrer Mutter, wenn Leute sich über die , in ihren Augen, abweisende und unhöfliche Art ihrer Tochter beschweren, "So ist sie eben".

Und diesen Satz muss die Mutter mit der Zeit immer öfter sagen, denn als Jasmijn in die Vorschule kommt, fällt erst richtig auf, wie anders sie ist. Sie erträgt den "Lärm" der anderen Kinder nicht, sie braucht Wochen, um überhaupt mal ein Wort mit der Lehrerin zu sprechen und nur, wenn sie sich mit ihrem Buch, das sie extra von Zuhause mitgebracht hat, in eine, möglichst stille Ecke verzieht, übersteht sie die Stunden, bis zum Schulende , einigermaßen.

Ihre beste und einzige enge Freundin, ist Senta, ihre Hündin, mit der sie am liebsten jede Minute des Tages verbringen würde. Im Laufe der Jahre, lernt Jasmijn, mit ihren ganz persönlichen Tricks , halbwegs gut durch den Tag zu kommen. Und ein guter Tag ist für sie, ein Tag, an dem sie mit möglichst wenig, oder noch besser keinem einzigen Menschen sprechen musste. Neue Situationen, auf die sie sich vorher in Gedanken nicht erst einmal vorbereiten konnte, überfordern sie so sehr, dass sie ganz schlimme Migräneanfälle bei ihr auslösen. Und so beginnt ihre Familie, Jasmijn zu schonen und sie helfen ihr dabei, sich von vielen, für sie schwierigen Situationen fernzuhalten, ohne sich jemals zu fragen, warum sie eigentlich so ist, wie sie ist.

Und weil sich anscheinend nie jemand wunderte über ihr, doch recht auffälliges Verhalten, wurde auch nie untersucht, an was es denn eigentlich lag, dass sie von ganz alltäglichen Dingen, so überfordert war. Jasmijn selbst merkte schon, dass sie nie so war wie ihre Mitschülerinnen, die sich für Schminke , Mode und Jungs interessierten, die feierten und tanzten und Shoppingbummel liebten. In ihrem Tagebuch war Jasmijn auch so wie diese Mädchen, dort erlebte sie in ihrer Fantasie all das, was für sie im echten Leben , unerträglich war. Und zum Glück gelang es ihr doch wenigstens immer mal wieder Personen zu finden, mit denen sie so etwas wie eine einigermaßen "normale" Freundschaft führen konnte und die ihre Eigenheiten akzeptieren konnten, auch wenn sie sie nicht nachvollziehen konnten.

Und irgendwann, als sie längst erwachsen war, kam einer dieser Menschen auf die Idee, dass das, was Jasmijn die ganzen Jahre so anders sein ließ, vielleicht ja einen medizinischen Grund haben könnte und tatsächlich kam dann heraus, dass sie das Asperger Syndrom hat.

Dieses Buch fand ich so fesselnd, dass ich es wirklich kaum aus der Hand legen konnte und obwohl es ein ganz dicker Wälzer ist, kam niemals Langeweile auf. Manches war sehr traurig und ich dachte mir so oft, warum denn ihre Eltern oder Großeltern nie mit einem Arzt oder Psychologen gesprochen haben . Jasmijn hat es zwar schon gut verstecken können im Laufe der Jahre, aber es gab doch trotzdem so viele Vorfälle, die eigentlich hätten auffallen müssen. Aber vielleicht war man damals ja einfach noch nicht so sensibilisiert für dieses Thema. Jedenfalls tut es mir für Jasmijn ( und damit eigentlich für Judith Visser, die Autorin des Buches , denn "Mein Leben als Sonntagskind" ist ein autobiographischer Roman und sie selbst hat wohl auch erst im Erwachsenenalter die Diagnose "Asperger Syndrom" bekommen), dass sie während ihrer ganzen Kindheit und Jugend immer nur für seltsam gehalten wurde und keiner auf die Idee kam, dass es einen medizinischen Grund dafür gab. Vielleicht wäre ihre Schulzeit weniger schlimm gewesen, wenn man gewusst hätte, warum sie so war.

Das Ende hat mich nicht ganz überzeugt, das fand ich doch etwas abrupt und ich hätte noch so viele Fragen gehabt, die leider nicht beantwortet wurden, aber trotzdem war das ein wunderbares Buch, das mir die schwierige Gefühlswelt der Menschen mit Asperger und ihr Verhalten, auf jeden Fall etwas verständlicher gemacht hat.