Normal oder sonderbar?

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evelynmartina Avatar

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Greta Thunberg, seit einiger Zeit als Umweltaktivistin bekannt in aller Munde, sagt: „Ich glaube, auf gewisse Weise sind wir Autisten die Normalen, während alle anderen etwas sonderbar sind.“

Greta hat genau wie Jasmijn, die Hauptfigur aus “Mein Leben als Sonntagskind” von Judith Visser, das Asperger Syndrom. Dass die Autorin selbst unter dieser Form des Autismus leidet, entnimmt man ihrer Vita. Wie viel Persönliches und wie viel Erdachtes zwischen den Zeilen ihres Werkes steckt, weiß nur sie allein.

Judith Visser nimmt den Leser mit in die kindliche und jugendliche Welt eines Mädchens, das anders scheint wie Mädchen im gleichen Alter, das sich lieber zurückzieht, wenn's laut wird, das lieber mit ihrem Hund spielt, als mit Bekannten etwas zu unternehmen, das vieles wörtlich nimmt und durch alltägliche Situationen oft überfordert wird, und das wenig spricht. Der Klappentext stimmt übrigens in der Form nicht wirklich. Jasmijn redet sehr wohl, aber lediglich mit ihr vertrauten Personen.

Die berührende Geschichte hat mich gefangen genommen und ihre überaus sympathische Protagonistin zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln gebracht. In einfachem Erzähl- und Sprachstil wird Jasmijn's Erlebnis- und Gefühlswelt echt, berührend und ergreifend geschildert, während Jasmijn‘s Umfeld meines Erachtens doch ein wenig blass bleibt. Ab und an habe ich mich zwischen den Seiten sogar wiedergefunden. Manchmal empfinde ich das mitunter übertrieben hektische und oberflächliche Treiben um mich herum kaum erträglich und belastend und wünsche mir Flucht und Ruhe. Bin ich deshalb nicht normal?

Kurzum, ich habe den Roman über einen besonderen und außergewöhnlichen jungen Menschen gerne gelesen, mich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt - und das will was heißen bei einer Länge von 600 Seiten - und lege das Buch jedem ans Herz, der mehr über Autismus erfahren und augenscheinlich sonderbare Menschen besser verstehen möchte.