Sensibles Thema gut umgesetzt

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skaramel Avatar

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Die Umwelt zu laut. Das Licht zu grell. Schule eine Herausforderung. Soziale Interaktion noch viel mehr. Was für viele klingt wie der normale Alltag, ist für Jasmijn schwierig. Sie versteht die Regeln und Normen nicht in ihrer Gänze, bleibt lieber in ihrem gewohnten Umfeld und tut sich schwer mit allem, was neu für sie ist und ihren Alltag durcheinanderbringt. Neue Freunde? Neue Schule? Neuer Lehrer – alles schwer zu verstehen, akzeptieren und bewältigen. Doch die Diagnose auf Autismus kriegt Jasmijn schon als sie bereits weit über zwanzig ist. Die Jahre davor lebte sie immer mit dem Gefühl anders zu sein als der Rest.
Und von diesen Jahren erzählt Jasmijn in Mein Leben als Sonntagskind und lässt den Leser sich fühlen, als als würde man in einem geheimen Tagebuch mitlesen. Denn neben alltäglichen Situationen teilt Jasmijn vor allem ihre Gefühle und Gedanken. Beispielsweise wie sie – umso älter sie wurde - realisierte, dass sie sich von ihren Cousinen oder Mitschülern unterschied. Sie selbst bezeichnet ihre Wunschversion als „normale“ Jasmijn. Die konnte auf Partys gehen, Beziehungen führen oder auch einfach nur ein Abendessen mit Verwandten überstehen. Die normale Jasmijn hat kein Problem mit grellem Licht oder lauten Geräuschen.

Und so wird der Leser mitgenommen, unverschönt durch ihre Kindheit. Selbst wenn das erste Kapitel nicht gewesen wäre, spätestens nach den ersten fünfzig Seiten wäre dem aufmerksamen Leser klar gewesen, dass mit Jasmijn wirklich etwas nicht stimmt. Dass das aber nicht mit ihr persönlich zu tun hat, sondern dass sicherlich eine Form von Autismus bei ihr vorliegen muss. Doch das erfährt sie erst viel später, so dass der Leser zusammen mit ihr mitleidet und sich wünschte, dass die Lehrer, die Eltern und das Umfeld sie zwar nicht weniger akzeptiert hätten, aber ihren Eigenarten vielleicht auf den Grund gegangen wären. Denn auch wenn Jasmijn ihren eigenen Weg gemacht hat, so war dieser sicherlich doppelt so anstrengend wie man ihn ihr mit der richtigen Therapie hätte zumuten müssen.
Trotzdem hat Mein Leben als Sonntagskind auch seine Längen. Auch wenn Jasmijn ein liebenswürdiger Charakter ist, den man sehr schnell mit allen Eigenarten ins Herz schließt, ist das Buch zu einem großen Teil sehr langatmig. Es fühlt sich eben wirklich an wie ein Auszug aus einem Tagebuch und es gibt auch seitenweise nicht spannende oder gar relevante Themen, die einem den Lesefluß erleichtern. Andererseits fehlen an anderen Stellen markante Eckpunkte. Familie, Freunde sind mir teilweise etwas zu blass. Auch das Thema Selbstmord, was ja doch sehr lange unterschwellig thematisiert wird, ist mir teils zu schwammig und hätte mehr Essenz kriegen könne. Das wird natürlich auch durch Jasmijns persönliche Eindrücke, die auf wahren Begebenheiten beruhen, so sein und passt eben zu einer recht realisitischen, tagebuchartigen Wiedergabe – hätte aber dem Roman trotzdem nicht geschadet. Denn auch wenn der Schreibstil sehr angenehm ist, neigt man immer wieder dazu, das Buch zuzuschlagen und ein bisschen ruhen zu lassen. Nichtsdestotrotz ist mein Leben als Sonntagskind – für mich persönlich – ein wichtiges Buch, das vor allem für das Thema Autismus sensibilisieren sollte. Auf jeden Fall lesenswert.