Wenn jemand nicht funktioniert, wie er soll

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mariederkrehm Avatar

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Jasmijn weiß nicht, worüber sie sich mit Fremden unterhalten soll. Veränderungen bringen sie aus der Bahn. Sie mag es nicht, von irgendwem umarmt zu werden. Sie mag Dinge, die logisch sind und ihre Ordnung haben. Moment, ist das nicht normal? Nein. Sieht nicht so aus.

„Mein Leben als Sonntagskind“ ist ein Buch über eine Persönlichkeit, die von dem abweicht, was andere als „normal“ bezeichnen würden. Zugleich zeigt es auf, wie oberflächlich, undifferenziert und abgeklärt sich die meisten Menschen im Kontrast dazu verhalten.

Im Verlauf des Buches wird Jasmijn älter, und mit der Zeit schafft sie es, sich in Gegenwart anderer Menschen zurechtzufinden. Da kann es einem dämmern, dass es mehr unangepasste Menschen wie Jasmijn bei uns gibt, die nur deshalb nicht auffallen, weil sie sich das Funktionieren rechtzeitig „angeübt“ haben.

Für Jasmijns Verhalten gibt es schließlich eine Diagnose, die nicht überrascht, weil sie schon der Klappentext verrät: Asperger-Syndrom. Eine Krankheit als Erklärung. Doch hilft es wirklich, eine Diagnose zu haben, wie Jasmijns Freundin Kirstin meint? Oder ist die Einstellung der Mutter besser, die immer wieder sagt: „So ist sie nun mal“, und die ihre Tochter mit ihren Besonderheiten einfach annimmt?

Das Buch ist mehr als 600 Seiten stark und in sehr kurze Kapitel unterteilt, die in immer wieder neue Szenen einsteigen, wodurch es durchweg kurzweilig zu lesen ist. Dennoch kann man keinen Roman im gewohnten Sinn erwarten. Es handelt sich eher um einen Lebensbericht, der autobiographische Züge trägt. Nicht von ungefähr hat Protagonistin Jasmijn Vink die gleichen Initialen wie Judith Visser, die das Buch geschrieben hat.

Ein Buch für alle, die jemanden kennen, der nicht so funktioniert, wie er soll.