Ein Meisterwerk!

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laparisienne Avatar

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„Mein Mann“ beschreibt eine Ehe, eine zwanghafte Obsession, die sich fast schon wie ein einziges Leiden, ja eine Tragödie liest.
Es geht um eine Frau, die ihren Mann so sehr liebt, dass diese Liebe ihr ganzes Leben bestimmt. Ihr Mann ist allgegenwärtig. Immer da. In jeder ihrer Entscheidungen steckt ein Teil von ihm. So sehr, dass sie daran zugrunde gehen könnte.

Das Cover des Buchs mit seinen ästhetisch ansprechenden und harmonierenden Farben, hat mich schon vor dem Lesen begeistert. Nach dem Lesen der Geschichte finde ich es fast noch passender. Das Bild einer Frau, die nach außen hin Harmonie und Ästhetik ausstrahlt und die Öffentlichkeit begeistert. Schaut man jedoch genauer hin, hat sie nichts Eigenes, sondern wirkt undefiniert, fast schon schemenhaft.
Das ist, meiner Meinung nach, auch eine gute passende Beschreibung der Hauptfigur. Sie ist eine Frau, die sich hochgearbeitet hat. Eine erfolgreiche Frau, sowohl beruflich als auch privat. Menschen beneiden sie um ihr Glück. Auf dem Papier führt sie ein bilderbuchhaftes Leben. Schön anzuschauen.
Taucht man allerdings in die Geschichte und damit in ihren Kopf und ihre Gedankenwelt ein, gewinnt man ein ganz anderes Bild.

„Mein Mann ist die Sonne, um die die meisten meiner Bewegungen kreisen.“

So beschreibt die Hauptfigur ihr Leben und lädt den Leser dazu ein, sie dabei zu beobachten, wie sie zwanghaft um seine Liebe ringt, in der Hoffnung, dass diese ihr und ihm genug ist. Liebt er mich? Liebt er mich, so wie ich ihn liebe? Was muss ich tun, damit er mich liebt? Das sind Fragen, die sie umtreiben und dazu bringen immer und immer weiterzugehen.

Ziemlich schnell stellt man ihre, aber auch seine eigene Definition der Liebe in Frage und versucht diese Hauptfigur zu verstehen. Sie ist so unnahbar und kalt und dennoch teilweise so nachvollziehbar in ihren Gedanken, dass es Angst macht. Obwohl es in diesem Roman um nichts anderes als um ihren Mann geht, erfährt man rein gar nichts über ihn. Er ist beliebig. So austauschbar, dass ich mich manchmal gefragt habe, ob es ihn überhaupt gibt.

Diese Geschichte lebt weniger von der Handlung als solches, als von einer merkwürdigen Spannung, die einen in den Bann zieht. Es liegt etwas Bedrohliches in der Luft, dass Schlimmes erahnen lässt.

Sie hat einerseits erzählerischen Charakter, aber ist gleichzeitig so gesellschaftlich relevant wie nie. Es geht nämlich vor allem um Macht und Machtmechanismen zwischen den Geschlechtern. Denn die Hauptfigur wirkt gefangen in einem Korsett der Weiblichkeit und Perfektion, im Streben danach ihrem Mann zu gefallen und scheint nur in seltenen Momenten zu merken, dass sie sich selbst in diesem obsessiven Streben vielleicht schon längst verloren hat. Vereinzelt versucht sie sich die Macht über sich und ihren Körper zurückzuholen, aber am Ende kommt man nicht umhin sich zu fragen, ob das nicht Teil des Spiels ist.

Maud Ventura hat ein Meisterwerk geschaffen. Mit sprachlicher Präzision schafft sie es weibliche Perspektiven in den Blick zu nehmen und diese mit einer Absurdität zuzuspitzen, wie ich es noch nie gelesen habe. Sie zeichnet diese Protagonistin so schonungslos ehrlich und weiß die Widersprüche und Ambivalenzen unserer Gesellschaft treffend einzusetzen. Ganz ganz große Leseempfehlung!