Zwei starke Frauen - mehr davon!

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holzfrieden Avatar

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Ich will mehr davon auch, wenn mein erster Eindruck nach dem Lesen von etwa 100 Seiten war: Na ja, ganz nett, viele Namen und Familienclans erleichtern das Lesen und die Orientierung in der Handlung nicht gerade, da hilft auch die Übersicht am Anfang des Buches zunächst nicht wirklich. Ich würde ungeduldig und überlegte, nicht weiterzulesen. Romane über Familiengeschichten gibt es zuhauf und dieser schien mir nichts Besonderes zu sein. Genervt hat mich zudem der Hype um das Pseudonym "Elena Ferrante" und ihre Bücher. Bei sowas bin ich immer skeptisch, auch wenn mir die Leseprobe gefallen hat.
Aber dann nahm das Buch Fahrt auf und ich konnte nicht mehr aufhören weiterzulesen. Die Protagonistinnen Lila und Elena sind wunderbar entwickelte Figuren. Elena, die stets Besonnene, abhängig von der Meinung anderer, insbesondere von der ihrer Freundin Lila. Lila wiederum, spontan, unerschrocken und in dem, was sie tut undurchsichtig, braucht Elena genauso wie diese sie.
Der Roman beschreibt die Entwicklung dieser beiden vom Kind zur jungen Frau im Neapel der 1950er Jahre beginnend. Die eine lebt das traditionelle Rollenbild, die andere wählt - eher unfreiwillig - die Bildung.
Erschrocken ist man über die unglaubliche körperliche Gewalt, die in den Familien ausgelebt und als völlig normal angesehen wird. Beide Mädchen rebellieren dagegen auf ihre Weise.
Was das Buch für mich besonders macht, sind die Charaktere, die keine Stereotype darstellen, sondern in ihren Eigenschaften oft ambivalent handeln, dadurch gewinnt die Handlung an Glaubwürdigkeit und Spannung.
Warum hat man nicht gleich alle vier Bände der Neapolitanischen Saga übersetzt und daraus einen dicken Schmöker gemacht??? Nun muss ich sehnsüchtig warten!!!