Erschreckend nachvollziehbar

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ligeia Avatar

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...sind die in der Leseporbe vermittelten Gefühle für mich. 

Als Darias Mutter stirbt, begibt diese sich auf eine Reise in die Bergangenheit. Als jüngstes Kind, das stets eine außergewöhnliche Beziehung zur Mutter hatte,  ist sie nun vom Schmerz überwältigt und flüchtet sich in Erinnerungen an die Zeit als beide Elternteile noch lebten.

In der Lesprobe erfährt der Leser zum einen, wie Darias Mutter gestroben ist; zum anderen aber werden insbesondere die Familienmitglieder - allen voran Darias Mutter und Vater - vorgestellt. Dies geschieht durch die Schilderung kleiner Anekdoten und besonderer Eigenheiten der jeweiligen Charaktere. Die Schilderungen wirken - obwohl deutlich emotional gefärbt - sehr ehrlich, denn auch Schwächen und Macken der einzelnen Familienmitglieder werden nicht verschwiegen. So wird jeder Leser an der ein oder anderen Stelle sicher auch Parallelen zu seiner Familie entdecken. Eine fortlaufende Handlung, in dem Sinne, dass viel passiert, gibt es in der Leseprobe nicht - habe ich mir aber auch nicht erwartet. Die Erzählung gewinnt nämlich nicht durch "Action", sondern durch Emotionen.

Die einzelnen Anekdoten sind stellenweise ohne erkennbaren Zusammenhang und ohne Überleitung aneinandergefügt - das aber wirkt auf mich dadurch sehr ansprechend, dass es den Anschein hat, als würde die Erzählerin einfach aufschreiben, was ihr gerade durch den Kopf geht - und das ist ja gerade wenn man emotional aufgewühlt ist, nicht immer geordnet.

Sehr realistisch wird auch Darias Trauer vermittelt und der Schmerz, der durch den Tod der Mutter - eine Erfahrung, die ich glücklicherweise noch nicht machen musste - hervorgerufen wird. Das ist auch das einzige, was ich an der Leseprobe auszusetzen habe: für meine Bedürfnisse wird die Trauer fast schon zu realistisch vermittelt. Denn obwohl dieses Thema für jeden irgendwann aktuell wird, so schiebe ich den Gedanken doch gerne von mir - dieses Buch macht das Verdrängen jedoch unmöglich und zwingt (durch die äußerst glaubwürdig vermittelten Gefühle der Ich-Erzählerin Daria) auch den Leser, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Das allerdings weist nicht auf eine Schwäche des Buches hin, sondern eher auf eine Schwäche meinerseits...

 

Noch eine eher formale Anmerkung zum Schluss: etwas gestört hat mich die verwendete Schrifttype. Das Schriftbild erinnert an das einer alten Schreibmaschine - allerdings ohne ersichtlichen Grund, da die Erzählerin nicht auf einer solchen zu schreiben scheint (zumindest wird dies in der LP nicht erwähnt). Dieses eher ungewohnte Schriftbild finde ich recht anstrengend für die Augen und (sofern kein Anlass dazu gegeben ist) unnötig.