Bizarr...

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Meistens sind die Geschichten am erschreckendsten, die uns naheliegen. Ein "normales" Familienleben liegt uns nah, da wir selbst uns bestenfalls aus solch einem entsprungen sehen. Und seihen wir mal ehrlich: Solange wir in der Pubertät sind, interessieren wir uns nicht sonderlich dafür, was unsere Eltern treiben. Also kann es schon mal vorkommen, dass ihre skurrilen Nebenbeschäftigungen unbemerkt bleiben...

Dies ist ein Thriller, der sich von der Masse abhebt!
Erzählt wird die Geschichte durch den Ehemann der "wunderbaren Frau". Wir erfahren all seine Gedanken, wissen stets nur so viel wie er selbst preisgibt. Und doch bin ich schnell misstrauisch geworden. Mir fällt gerade erst auf, dass sein Name meines Wissens nach gar nicht erwähnt wurde... Jedenfalls wirkt er recht langweilig, unabhängig davon, was er sagt. Das ist aber genau das, was die Geschichte so spannend macht: Während unser Protagonist sich seiner Frau und seinen Kindern unterwirft, wirkt die perfektionistische, durchgeplante Hausherrin mit der imposanten Gestalt nur noch dominanter und kühler! Das Familienleben besteht aus Regeln und noch mehr Regeln... Morgens weiß die Familie schon, wie der Tag enden wird. Wären da nicht die Geheimnisse, die hinter den verschlossenen Türen der Eltern verborgen liegen...

Es ist ganz schwer, hier nicht zu viel vorwegzunehmen und ich hoffe, dass ich es nicht bereits getan habe. Denn das Prinzip dieses Thrillers besteht darin, dass wir erst Stück für Stück mit mehr Informationen gefüttert werden, was denn jetzt in dieser Familie nicht normal ist. Und sobald wir es dann wissen, geht es erst richtig los...

Der Spannungsverlauf des Romans hat eine gesunde Form: Exponentiell steigend. Und auch die recht kurzen Kapitel wirkten fesselnd auf mich.

Die Perspektive aus Sicht einer Person hat noch einen anderen interessanten Charakter: Er ist betroffen und deswegen für uns ein unzuverlässiger Erzähler. Ist er zurechnungsfähig? Hat er eine Wahrnehmungsstörung? Können wir ihm Glauben schenken? Alles, was wir durch die anderen Personen erfahren, erfahren wir nur durch ihn...

Der Schreibstil ist außerordentlich ruhig. Und doch zeugt er von großer literarischer Beweglichkeit. Es werden viele Bilder erschaffen und zahlreiche Andeutungen gemacht, die der Leser selbst zuende denken muss. Genau das liebe ich!

Das Ende ist keinesfalls schlecht, aber hier verbirgt sich der eine Stern, den ich abgezogen habe. Auch wenn sich die größte Spannung am Ende zusammenballt, konnte ich einiges vorhersehen und ich hätte mir vielleicht persönlich ein anders Ende gewünscht. Ich glaube aber, dass andere mit diesem Ende zufrieden sein werden, denn es ist Geschmackssache. Und die letzte Seite konnte auch mich wieder glücklich machen! Aber lest selbst!