Harry rechnet ab

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Messer, Thriller von Jo Nesbø, 575 Seiten, erschienen im Ullstein Verlag.
Harry Hole ermittelt in seinem 12. Fall
Harry Hole, der geniale Ermittler mit dem Bauchgefühl, welches ihn nie im Stich lässt, hat es dieses Mal ordentlich in den Sand gesetzt. Der Alkoholiker hat seinen Job an der Polizeihochschule verloren. Weil er wieder trinkt und die Finger nicht von anderen Frauen lassen kann, hat sich die Liebe seines Lebens, seine Frau Rakel von ihm getrennt. Harry versinkt im Selbstmitleid und Alkohol. Eines Tages erwacht er blutverschmiert und ohne Gedächtnis, darauf folgt die schlimmste Zeit seines Lebens.
Das Buch ist in 4 Teile unterteilt, die sich in 53 lange Kapitel gliedern. Liedtexte und fremdsprachliche Phrasen erscheinen kursiv und sind somit deutlich vom Text abgegrenzt. Spannende, schlagfertige Dialoge beleben die Erzählung. Der manchmal schwierige Plot, hemmt anfangs den Lesefluss. Einen Satz auf S. 63, der mich ganz besonders berührte, habe ich mir notiert: „ Warum musstest du kommen und mich so einsam machen“.
Der Einstieg ins Buch fiel mir diesmal nicht leicht. Obwohl ich den Vorgängerband Durst vor nicht allzu langer Zeit gelesen hatte, habe ich den Anschluss nicht gleich gefunden. Außerdem ist mir dieser zwar geniale, aber jämmerliche und disziplinlose Protagonist tierisch auf die Nerven gegangen. Den Raubbau, den Hole mit seinem exzessiven Leben, an seinem Körper betreibt müsste ihn schon lange vernichtet haben. Doch noch immer liegen ihm die Frauen zu Füßen, dabei muss er mittlerweile ziemlich eklig sein. Unnötige Rückblicke über die Zeit mit Rakel und Harrys Jugend, die ausführlichsten Beschreibungen über Musik und Filme, langweilige ausschweifende Erzählungen über Afghanistan machten mir das Durchhalten sehr schwer. Der Strang der Svein Finne und auch den Mord an Rakel betrifft, ist dagegen sehr spannend gewesen. Ab der Hälfte des Buches zieht der Thriller jedoch an und die Spannung steigt. Als Mörder habe ich in diesem Stadium der Geschichte wirklich jeden der Charaktere verdächtigt. Der wirkliche Mörder stand schon bald auf meiner Liste wurde aber dazwischen immer wieder fallengelassen. Die letzten 150 Seiten habe ich das Buch dann nicht mehr aus der Hand legen können, die Ereignisse überschlagen sich, plötzliche Wendungen und dann dieser geniale Abschluss haben mich wieder mit der Geschichte versöhnt. 100 Seiten weniger hätten dem Buch sehr gut getan. Das Buch schließt mit einem offenen Ende, ich wäre aber nicht böse wenn die Reihe um Harry Hole nun hier einen Abschluss finden würde. Es handelt sich bei diesem jüngsten Fall nicht gerade um das Highlight der Serie, einige der Vorgängerbände haben mir besser gefallen. Meine Lieblingsfigur ist Oleg, Rakels Sohn, der erwachsener wirkt als sein Ziehvater Harry. Einige der Personen sind mir schon aus den vorangegangenen Bänden bekannt, deshalb war die Menge an Charakteren überschaubar, im Großen und Ganzen handelten sie authentisch und nachvollziehbar. Ich hatte keine Schwierigkeiten dem eigentlichen Mordfall und dem Svein Finne – Fall zu folgen, lediglich störten mich die o.g. Ablenkungen und Ausschweifungen. Und dass ein 77jähriger in zweieinhalb Minuten eine Frau schwängern und so hervorragend klettern kann ist m. E. nicht plausibel. Dieses Buch als Einstiegsband zu lesen finde ich schwierig. Für die Fans von Harry Hole ist Messer ein Muss. Von mir allein schon für dieses tolle Ende 4 von möglichen 5 Sternen.