Gibt es Wunder?

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regenprinz Avatar

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Nach der Leseprobe war ich mehr als gespannt, ob Rald Isau es schaffen würde, aus diesem kuriosen Anfang am Ende auch eine glaubwürdige Geschichte zu machen – zu meiner Begeisterung schafft er das locker.

Etliche Figuren tummeln sich in diesem Thriller, manche sind wunderbar skurril wie der alte Seamus oder Pompon, manche einfach liebenswert wie Anny oder Fiona oder zutiefst böse wie der Franziskanermönch. Den Überblick habe ich beim Lesen trotzdem nicht verloren, denn mit Hester, der Hauptfigur, konnte man sich wirklich gut durch die Geschichte hangeln.

 

Der irländische Schauplatz verleiht dem Ganzen meiner Meinung nach zusätzlichen Reiz – ein Kirchenthriller, der nicht im Vatikan spielt, sondern in einer ländlich-verschrobenen Gegend, in der es Nachbarn gibt, die frühmorgens krähen, um den toten Hahn zu ersetzen und viele, die an Wunder glauben.

 

Ich möchte hier nichts von der Auflösung des Romans verraten, um anderen auch die Spannung zu erhalten – mir hat es jedenfalls prima gefallen, wie einiges als raffinierte Täuschung enttarnt wird und anderes „wunderlich“ bleibt. Schön auch, die Geschichte auf zwei Ebenen spielen zu lassen – auf der großen Bühne der Welt, ihrer Nationen, ihrer Verwicklungen und Kriege, und auf der kleinen, menschlich-familiären Ebene.

 

Sprachlich ohne Mängel, spannend und flüssig zu lesen, hat mich außerdem der feine Humor überzeugt, der hin und wieder zum Ausdruck kommt. Über den ersten Satz von Kapitel 25 (S. 331) habe ich beispielsweise herzlich gelacht.

 

Zu kritisieren hätte ich lediglich, dass mir im Buch manchmal zu viel erklärt wurde. Bestes Beispiel dafür ist S. 89, als in einem Dialog die Sakristei erwähnt und anschließend im Erzähltext über 4 Zeilen darüber doziert wird, was das für ein Raum ist. So liest sich die Stelle fast wie ein Lexikonbeitrag. Selbst für Leser, die tatsächlich nicht wissen sollten, was eine Sakristei ist, erscheint mir das unnötig.

 

Trotzdem würde ich diesen Thriller uneingeschränkt empfehlen, er ist spannend, originell und wartet am Ende zudem mit einem sehr sympathischen Nachwort des Autors auf. Dass es über die interessante Nebenfigur der Pianistin Sarah d’Albis bereits einen eigenen Roman gibt, wusste ich bisher nicht – aber es ist mit Sicherheit das nächste Buch des Autors, das ich lesen werde! ![](http://www.vorablesen.de/modules/fckeditor/fckeditor/editor/images/smiley/msn/regular_smile.gif)