Interessante Einblicke in die Wunder-Industrie

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annajo Avatar

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In einer Kirche in Graignamanagh - kurz: Graig - in Irland haben der 103jährige Hausmeister und der alte Pfarrer eine Vision. Danach liegt ein nackter Mann vor ihnen auf dem Boden, mit Verletzungen an Händen und Füßen und einer Dornenkrone neben dem Kopf. Auf Hebräisch bittet er um Hilfe. Er erwacht erst wieder im Krankenhaus. Da hat die Wunder-Maschinerie der Kirche jedoch schon begonnen ...
Währenddessen sendet der Vatikan seinen "Bluthund" aus, der das Wunder prüfen und nötigenfalls demontieren soll, denn eine Anerkennung des Wunders kann weitreichende Folgen haben. So kehrt also Hester McAteer nach Irland zurück, wo ihn eine bewegte Vergangenheit erwartet. Als jedoch Leute wie beim jüngsten Gericht vom Blitz erschlagen werden, wird die Aufdeckung des vermeintlichen Betrugs immer dringender.

Isaus Idee an sich ist ziemlich provokant und für einen Dan-Brown-Fan wie mich sehr spannend. Allerdings wurde die beim Lesen in mir entstehende Andächtigkeit und Neugier zunächst immer wieder durch flapsige Bemerkungen und wenig komische (bzw. teilweise unangebrachte) "Witze" und Metaphern gebremst. Der Sprachstil war für mich anfangs mehr als gewöhnungsbedürftig und lies bei mir den Gedanken an eine Satire aufkommen, da man genau zu merken glaubt, der Autor würde die Geschichte selbst nicht ernstnehmen. Doch mit aufnehmender Fahrt der Geschichte konnte ich mich auch immer mehr mit dem Schreibstil des Autors anfreunden und fand schließlich einige Dinge doch sehr witzig. Besonders hat mir der Charakter des Seamus gefallen, der trotz seines Alters noch ziemlich fit und schlagfertig war. Allerdings nervte mich dann wiederum etwas, dass der Autor versuchte, englische Sprachwitze einzubauen, die jedoch so in einem deutschen Buch nicht funktionieren und in den nachfolgenden Sätzen extra erklärt werden mussten. Das wirkte auf mich ungeschickt.
Die Geschichte an sich konnte mich jedoch fesseln und ich war mir lange nicht sicher, in welche Richtung sie sich schließlich entwickeln wird. Die Aufschrift "Thriller" ist da etwas kontraproduktiv. Viel faszinierender fand ich, dass das Buch auch auf der Piper Fantasy Webseite geführt wird, was dann doch verunsichert hinsichtlich der Auflösung. Denn das Buch lebt durchaus vom Glauben. Handelt es sich nun um einen Betrug oder doch um himmlische Intervention? Mystik ist in diesem Buch auf jeden Fall enthalten. Gleichzeitig zeigt der Autor jedoch auch die (fiktiven) Machenschaften im Vatikan, aber auch die wirtschaftliche Seite der Wunderindustrie auf. Man kann leicht nachvollziehen, dass die Kirche durchaus eine Kontrollinstanz benötigt.
Unsympathisch fand ich hingegen Teile des Nachwortes, in dem der Autor sich entschuldigt, falls einige Dinge im Sinne der Geschichte übertrieben und unglaubwürdig wirken sollten. Diese sollte man dann einfach nicht hinterfragen, sondern doch einfach mal an Wunder glauben. Sorry, aber so plump hat noch keiner Fehler herunterzuspielen versucht. Ich lege beim Lesen Wert auf gewisse Dinge und versuche immer, bei allen Büchern den gleichen Maßstab anzulegen. Da jetzt in einem Buch über grobe Schnitzer hinwegzusehen, bloß weil es sich um ein Buch über Wunder handelt, finde ich eine anmaßende Forderung.

Alles in allem hat mich das Buch jedoch gefesselt und die Geschichte war innovativ, wenn letztlich dann doch etwas hollywood-mäßig beendet. Ich habe es aber innerhalb kürzester Zeit fertiggelesen und habe mich auch des Öfteren gefragt, ob das Wunder nun echt ist oder nicht. Insgesamt konnte mich dieses Buch also überzeugen.