Der Clan der Mhallamiye

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hennie Avatar

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Zuerst habe ich mal gegoogelt, was der Titel „Mexikoring“ zu bedeuten hat. Es ist eine Adresse im Hamburger Stadtteil Winterhude, im Norden der Hansestadt.
Zum Inhalt:
Chastity Riley, die Staatsanwältin mit amerikanischen Wurzeln, wird am frühen Morgen in die triste Bürohochhauslandschaft im Hamburger Norden gerufen. Dort auf einem Parkplatz hat ein Auto gebrannt. Das ist durchaus nichts Neues, aber in dem Wagen saß noch ein Mensch. Nouri Saroukhan lebte noch als die Rettungskräfte eintreffen, aber wenig später verstirbt er im Krankenhaus. Warum gelang es ihm nicht, sich zu retten? Wollte der junge Mann sterben? War es Selbstmord oder Mord? Die Ermittlungen werden sofort aufgenommen und führen die Kriminalisten zu einem in sich abgeschotteten Familienclan nach Bremen, der inzwischen seine kriminellen Strukturen weit in Deutschland ausgebreitet hat. Wird es der Kripo und der Staatsanwältin gelingen in dieses Gefüge, in diese so ganz andere Welt, einer Parallelwelt einzudringen? Werden sie das Geschehen aufklären können?
Brennende Autos werden immer wieder thematisiert im Buch. Die Städte, wo das passiert werden genannt. In Deutschland. In New York. In Afrika. Rund um den Erdball. Warum nur diese sinnlose Gewalt? In dem Roman wird sehr viel geraucht, Kaffee und immer wieder Alkohol getrunken. Die durchaus taffe und trinkfeste Staatsanwältin sowie die meisten der Kriminalisten sind vom Leben gezeichnet, kaum einer hat wirklich ein normales, bodenständiges Leben. Sex statt Liebe. Warum? Haben sie alle Angst, eine wirkliche stabile Beziehung einzugehen? Erkennen sie ihre Ohnmacht gegenüber den kriminellen Machenschaften?
Meine Meinung:
Das Buch mit seinen knapp 250 Seiten hatte ich schnell und mit wachsendem Interesse gelesen. Mich überzeugte der lässige, lakonische, knappe, aber aussagekräftige Sprachstil von Simone Buchholz. Ihre Sprache hat durchaus auch ein wenig Poesie, ein wenig Witz. Das beweist sie schon zu Beginn auf Seite 11 gleich zweimal:

„Die Straßen sind Schluchten, und obwohl hier und da immer mal wieder ein einsamer Baum oder eine tapfere Grünfläche gepflanzt worden sind, ist das kein Ort für welche Art von Leben auch immer.“ Und:

„Der warme Wind wirbelt eine Plastiktüte durch die Luft, eine zweite fliegt hinterher. Vielleicht sind Plastiktüten ja irgendwann die besseren Möwen.“

Die Kapitel sind sehr kurz und mit markanten Überschriften versehen. „Mexikoring“ war für mich der Einsteigerkrimi in das Werk der Autorin. Ich werde nun auch die anderen Bücher von ihr lesen. Das erste Mal wurde ich mit den Mhallamiye, sprich Mchallami, konfrontiert und erhielt einen kleinen Einblick in deren extrem machohafte, frauenfeindliche, menschenverachtende Welt. Inwieweit hier Klischees bedient werden, kann ich nicht beurteilen. Es scheint auf alle Fälle ein Mikrokosmos zu sein, der in den weitverzweigten Familien reibungslos funktioniert. Ich habe mich im Internet kundig gemacht über die Herkunft dieser Menschen. Es gibt mir sehr zu denken, dass man sie in Deutschland gewähren ließ und ihrem Treiben weitgehend tatenlos zuschaut. Das Ende des Buches und die Auflösung des Falles war dann dennoch überraschend und anders als von mir angenommen.
Das Titelbild empfinde ich mit der Telefonzelle als friedliches, harmloses Motiv, ein Relikt aus der handylosen Zeit, im Gegensatz zum Inhalt. Den Krimi selbst nehme ich als Warnung, als Mahnung wahr, endlich durchzugreifen gegen diese Clans!

Ich vergebe gern meine Empfehlung, vor allem für Krimifreunde, und bewerte mit fünf von fünf Sternen.