Kunstvoll irgendwo in Raum und Zeit

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bigz Avatar

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Eine junge Frau erzählt von einem Stück ihrer Lebenszeit, irgendwo in einer Stadt, in der eine Art Ausnahmezustand herrscht. Die rechte Straßenseite grenzt sich ab von der linken, ein Stadviertel separiert sich vom anderen und etwas weiter abseits ist sowieso Feindesland. Hier ist nichts konkret, auch nicht die Namen. Es ist nur von Schwester, drittem Bruder und z.B. Lehrerin die Rede. Insgesamt erinnert das Dahinter dieser Geschichtedoch sehr an die Zeit des Nordirland Konflikts. Aber ob ohne oder mit fassbarer Einordnung, abstrakt und einfach außergewöhnlich ist dieses Buch auf jeden Fall, zu Beginn, im weiteren Verlauf und dann, sicherlich kann man das als konsequent gelten lassend, bis hin zum Ende, einem Ende, auf das ich, das muss ich schon sagen, geradezu hinarbeiten musste.
'Milchmann' weckt Empfindungen, sie sich nur sehr bedingt aus der Handlung der Geschichte ergeben. Vielmehr ist es die sehr andere Wahl der Darstellung mit dem Mittel des Worts und die emotionsarme Sprache, obwohl die Handlung da durchaus etwas anderes vedient hätte, die im Vordergrund stehen. Dazu kommt das Empfinden, das hier alles unter einer Art Blase stattfindet und man die Menschen aufrütteln müsste, um sie aus all den selbst geschaffenen Regularien und tradionellen Schemata heraus zu reißen, damit sie wieder zu einem menschezugewandten Lebensmiteinander zurückfinden können. Und hier mitten drin in dieser eigenartigen Welt ist diese junge Frau, die sich Gedanken macht und sich irgendwie nicht beugen will, auch nicht beugen vor dem 'Milchman', der weitaus älter ist als sie selbst und so etwas wie einen Terroristen mit Führungsrolle darstellt. Denn dieser nähert sich ihr immer vehementer und versucht, sie in Besitz zu nehmen.
Dieses Werk ist lang und die Herausforderung als Leser besteht darin, sich ehrlich und offen darauf einzulassen und so neue literarische Pfade zu erkunden. Aber das 'Erlesen' ist schon etwas schwer. Immer wenn man denkt, jetzt doch in der Geschichte angekommen zu sein, erwartet einen wieder ein langer ermüdender 'Monolog mit viel Ereignislosigkeit' und man fragt sich, wann wohl wieder etwas passiert, dass es einem dann wieder leichter macht, dabei zu bleiben.
Das Buch hat den Man Booker Prize erhalten, also gehe ich einfach mal davon aus, das es hohe künstlerische Qualitäten hat. Das finde ich ganz toll und ich wünsche der Geschichte viele Leser, die die Begeisterung hierfür teilen. Ich kann es leider nicht.