Sehr ungewöhnlich!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
westeraccum Avatar

Von

Das ist das ungewöhnlichste Buch, das ich in diesem Jahr bisher gelesen habe. Fast kommt es einem vor wie eine düstere Dystopie, doch die Handlung spielt in Nordirland während der "Troubles".
In einem langen Monolog berichtet die Erzählerin über ihren Alltag, ihre Gedanken, ihre Familie... Sie hat keinen Namen, wird von den anderen Familienmitgliedern nur "Mittelschwester" genannt, so wie alle Personen nicht mit ihren Namen, sondern mit ihren Familienbezeichnungen oder ausgedachten Bezeichnungen aufgeführt werden: Ma, Pa, Älteste Schwester, Kleine Schwestern, Vielleicht-Freund, Irgendwer McIrgendwas, Atomjunge usw. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig.
Die Erzählung setzt ein, als Mittelschwester von einem führenden Mitglied der Paramilitärs, "Milchmann" genannt, angesprochen wird und er sie immer wieder "zufällig" trifft. Schnell macht das Gerücht die Runde, dass sie die Geliebte des verheirateten Mannes sei, dagegen kann sie sich nicht wehren, aber es verschafft ihr eine neue Rolle, die sie nicht haben will. Als sie weiter ihren eigenen und eigensinnigen Weg gehen will, wird es schwierig.
Bei diesem Buch bin ich sehr unsicher. Einerseits ist die Erzählstruktur ganz anders als gewohnt, das macht das Buch sehr faszinierend, weil man tief in die Gedankenwelt des Mädchens eintaucht. Andererseits ist es auch manchmal zäh, wenn Gedanken hin und her gewendet und von allen Seiten betrachtet werden.
Anfangs konnte ich auch Zeit und Ort nicht einordnen, erst nachdem ich mehr über das Buch gelesen hatte, wurde es besser und je länger ich las, umso interessanter wurde das Buch. Auch die politische und gesellschaftliche Situation spielt eine wichtige Rolle, besonders die Rollenmodelle der Frauen sind sehr eingeschränkt.
Man bracht eine lange Gewöhnungsphase, bis man sich in das Buch eingelesen hat, dann aber ist es faszinierend. Durchhalten lohnt!