Ein überraschendes Highlight

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merleredbird Avatar

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"Sie spürte, wie ihre Verzweiflung etwas anderem Platz machte, das gleichzeitig schwerer und leichter war. Han. Es gab keine englische Entsprechung dafür, keine Übersetzung. Han war überwältigendes Leid und Bedauern, die Seele durchdringende, tiefe Trauer und Sehnsucht - hauchzart durchwirkt von Resilienz und Hoffnung."
5 Sterne!
Miracle Creek war eine unglaublich positive Überraschung. Ganz ehrlich: ohne dieses wunderschöne Cover hätte ich das Buch wahrscheinlich übersprungen. Aber es hat mich neugierig gemacht. An sich hatte ich aber kaum Erwartungen an das Buch, ich wusste wirklich nicht genau worum es geht.
Deswegen erzähle ich euch kurz und knapp, worum es in dem Buch geht: Die dreiköpfige Familie Yoo ist vor kurzem aus Korea nach Virgina ausgewandert. Dort haben sie Fuß gefasst und eine „Praxis“ für hyperbare Sauerstofftherapie (HBO-Therapie) gegründet, und haben auch schon mehrere Stammkunden. Eines Abends explodiert jedoch einer der Sauerstofftanks, und zwei der Patienten in der Kammer kommen ums Leben, mehrere andere verletzen sich. Wer ist schuldig? Hauptverdächtige ist Elizabeth, deren autistischer Sohn Henry bei dem Feuer ums Leben kam… schnell zeigt sich: niemand in Miracle Creek ist frei von Geheimnissen.
Was mich am meisten an diesem Buch überrascht hat, ist die Vermischung von Krimi/Thriller und gesellschaftlichen Themen. Das Buch schafft es, spannend zu sein, und gleichzeitig über das Leben von koreanischen Einwander*innen authentisch zu berichten (die Autorin ist selbst aus Korea in die USA migriert). Ein weiteres Thema ist Kinder mit Behinderungen und autistische Kinder, sowie deren Eltern. Und das Buch beschönigt nichts. Familie Yoo hatte nicht genug Geld, um alle Flüge zu bezahlen, weshalb Mary und ihre Mutter Young vorgeflogen sind, und Pak seine Frau und Tochter fünf Jahre lang nicht gesehen hat. Elizabeth, Kitty und Teresa haben alle drei Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen. Dadurch, dass es auch Kapitel aus ihren Sichten gibt, wissen wir, dass sie nicht 24/7 positiv über ihre Kinder denken. Und das ist auch gut so. Ich finde, dass viel zu wenig darüber geredet wird, wie viel mehr Arbeit behinderte Kinder verursachen, und dieses Buch fängt das alles perfekt ein.
Der Stil von Angie Kim ist so besonders, und verleiht dem Buch einen ganz besonderen Charme. Ich kann es wirklich kaum beschreiben. Die vielen verschiedenen Perspektiven machen das Buch anfangs verwirrend, langsam, aber eigentlich ist das auch das großartige an diesem Buch: es ist unglaublich komplex und vielschichtig. Miracle Creek ist eins von diesen Bücher, dass sich nach dem Fertiglesen immer wieder leise ins Unterbewusstsein schleicht und einen immer wieder erinnert, wie verdammt gut es doch ist.