Sehr eindrückliche Erzählung eines dramatischen Gerichtsprozesses

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meggie3 Avatar

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Eine Mutter steht vor Gericht und wird beschuldigt, ihren Sohn und eine weitere Frau getötet zu haben. Sie soll während einer HBO-Behandlung Feuer gelegt und so den Tod zweier Personen in der Luftdruckkammer und schwere Verletzungen weiterer Menschen verursacht haben. An dem HBO-Tauchgang hatten drei Kinder mit ihren Müttern und eine weitere erwachsene Person teilgenommen. Der Roman „Miracle Creek“ beschreibt den Gerichtsprozess aus der Perspektive der Beteiligten. Stück für Stück kommen die Geschehnisse ans Tageslicht, aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Beteiligten.

Durch die Erzählung aus den sich abwechselnden Perspektiven wird nur häppchenweise offenbart, was wirklich passiert ist. Jede Person verschweigt etwas, wirklich ehrlich ist niemand. So entspinnt sich die Erklärung für den Tod zweier Menschen nur langsam. Dies ist aber auf keinen Fall langatmig oder langweilig. Im Gegenteil; durch die häufigen Perspektivwechsel hatte ich das Gefühl einer Spur aus Brotkrumen zu folgen, nach jedem Kapitel hatte ich einen weiteren gefunden. Zu einem Ganzen haben sie sich aber erst gegen Ende zusammengefügt.

Ich habe Angie Kims Schreibstil als wenig emotional, sondern eher sachlich wahrgenommen. Das passt aber sehr gut zum Inhalt und bildet einen Kontrast zu den hochemotionalen und tragischen Ereignissen. Besonders intensiv und auch durchaus lehrreich sind die Passagen, in denen die Mütter, die ihre Kinder mit Autismus oder anderen Behinderungen zu den HBO-Tauchgängen begleiten, ihren Alltag und einzelne vergangene Situationen Revue passieren lassen. Es wird die teilweise vorhandene Verzweiflung und Überforderung der Mütter deutlich und wie einige von ihnen jede neue Therapieform ausprobieren, in der Hoffnung, dass sie ihrem Kind hilft. All das wurde sehr eindrücklich beschrieben und wird mir so schnell nicht in Vergessenheit geraten.

Das Ende des Romans war vielleicht nicht mehr komplett überraschend, aber meines Erachtens sehr stimmig. Von den meisten ProtagonistInnen habe ich ein gutes und nachvollziehbares Bild bekommen, sodass ich „Miracle Creek“ wirklich gerne gelesen habe. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!