Gelungener Auftakt zu einer neuen Märchenadaption

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lit_lounge_ Avatar

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𝙼𝚎𝚒𝚗𝚎 𝙼𝚎𝚒𝚗𝚞𝚗𝚐
Ich liebe Märchenadaptionen. Die Kombination aus Altbekanntem und Neuem ist jedes Mal wieder aufregend. Umso mehr habe ich mich auf den ersten Teil der Mirror-Reihe (ich glaube, es wird eine Trilogie) gefreut. 
 
Autorin Lucia Herbst hält sich nicht lange mit Vorgeplänkel auf, sondern wirft den Leser mitten ins Geschehen. Das hat mir tatsächlich gut gefallen, weil sie es dennoch schafft, ihre Charaktere vorzustellen. Die Story nimmt so schnell Fahrt auf und sorgt dafür, dass man direkt in die Geschichte rein rutscht und das Buch kaum aus der Hand legen kann. 
Herbst zieht ihre Märchenadaption mit Charakterzwillingen auf - je einer lebt in der realen Welt, der andere in der Märchenwelt. Für die Protagonistin Lena wird das allerdings erst relevant, als sie im Traum mit ihrem Charakterzwilling den Platz wechselt. Und dabei handelt es sich ausgerechnet um die böse Stiefmutter aus Schneewittchen. 
 
Lenas Probleme sind nun also vielfältig. Die neue Welt, der Hass, der ihr entgegenschlägt und die Sorge, was in ihrer Welt geschieht - denn da sitzt ja nun die böse Stiefmutter und übernimmt Lenas Leben. 
 
Lucia Herbsts Idee ist wirklich gut durchdacht, spannend umgesetzt und trotz der altbekannten Märchen etwas komplett Neues. Zwar landet Lena im Märchen Schneewittchen, doch es werden die unterschiedlichsten Märchen miteinander auf wirklich grandiose Weise miteinander verbunden. Nach den ersten Seiten hat man noch gar keinen Eindruck, wie komplex die Geschichte tatsächlich gesponnen wurde. 
 
Insgesamt gibt es also viel Positives zu berichten: die Charaktere sind liebevollgezeichnet, der Story liegt eine ganz eigene Idee zugrunde und man taucht in ein neues, unbekanntes Universum ein, das einen nicht mehr los lässt. Manche Stellen hätten für meinen Geschmack durchaus noch ausführlicher ausfallen können, weil ich sie so gern gelesen habe. 
 
Dennoch habe ich einen kleinen Kritikpunkt, über den ich einfach nicht hinweglesen konnte. Die Rolle von Lenas Freund Eric ist mir etwas schleierhaft geblieben. Dazu kommt, dass deren gemeinsame Geschichte für mich zwar ins Konzept passte, aber irgendwie zu lapidar abgefrühstückt wurde. Lenas Denken und ihre Gefühle für ihn ändern sich für meinen Geschmack einfach zu schlafartig. Ich habe die Intention dazu verstanden, aber es war so eine arg krasse Kehrtwende. 
 
Auch mit dem Ende bin ich nicht so ganz happy. Es macht definitiv Lust auf mehr und führt dazu, dass ich Teil 2 sicherlich direkt schnappen werde, sobald er erscheint. Aber während das Buch während seines Verlaufs zeigt, dass Märchen- und reale Welt schön Hand in Hand gehen können, war mir auch hier die Kehrtwende einfach zu aprupt. 

𝙼𝚎𝚒𝚗 𝙵𝚊𝚣𝚒𝚝
Insgesamt gelingt Lucia Herbst ein gelungener Einstieg in eine märchenhafte Geschichte. Der definitiv stärkste Punkt ist die Charakterzeichnung, für die die Autorin ein ganz besonderes Händchen hat. Man freut sich bereits heute darauf, diese in Teil 2 endlich wieder zu treffen. 
Wer auf Märchenadaptionen steht, der ist mit 𝘔𝘪𝘳𝘳𝘰𝘳: 𝘞𝘦𝘪𝘴𝘴 𝘸𝘪𝘦 𝘚𝘤𝘩𝘯𝘦𝘦 definitiv gut beraten.
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