Eine Reise- so bunt, wie das Leben

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jidewi Avatar

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Orange, golden schimmernd, mit einem starken Pink, einem starkem Kontrast- so leuchtete mir das Buchcover von "Miss Bensons Reise" von Bestseller Autorin Rachel Joyce entgegen und ab diesem Moment habe ich es bereits geliebt, die Vorschusslorbeeren bereits verschenkt, mein Herz bereits vergeben, ohne wirklich zu wissen, worauf ich mich einlassen würde. So stark, so aufmerksamkeitsheischend, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich meine Hände um das Cover schlingen würde, um in dieser farbenfrohen Geschichte zu versinken, so facettenreich wie ein Regenbogen, so dramatisch wie der Regenschauer zuvor, der die Erde zu verschlingen droht und so eindrücklich wie der kurze Moment nach dem Wolkenbruch, in dem die Sonne Überhand gewinnt und ein anderes Licht auf die Welt wirft.

Margery Benson ist, um es ohne Umschweife und ohne despektierlich zu wirken auf den Punkt zu bringen, eine triste Frau mittleren Alters, eine graue, unscheinbare Maus, die ihren uninspirierten Berufsalltag als Lehrerin verbringt und darüber hinaus kaum nennenswert das Haus verlässt. Verwaschen wie London im Regen, so ist ihr Leben, ein verlaufenes Aquarell in Grautönen. Das Einzige, was sie zum Strahlen bringt, ist die Begeisterung für Käfer aller Art, besonders für den goldenen Käfer in Neukaledonien, der bisher eher Mythen entspringt als tatsächlichen Beweisen. Eines Tages begreift Margery, dass nur sie diesen Mythos aufklären und den Käfer finden kann, bucht ein Ticket in die unbekannte Welt zusammen mit ihrer neu gewonnenen Assistentin Enid Pretty, dem Inbegriff eines schillernden Showgirls mit dem Hang zur Übertreibung. Was sich für Margery zunächst als katastrophale Begleitung entpuppt, lässt sie jedoch im Verlauf der Reise begreifen, dass manche Gegensätze sich auf unbeschreibliche Art und Weise ergänzen können und die Kraft haben, Leben nachhaltig zu verändern.

Seit den ersten Seiten war ich gefangen von den Charakterbeschreibungen, dem Tiefgang, der Liebe zum Detail und der Emotionalität, mit der Rachel Joyce die Leser gefangen nimmt. Der Stil ist dabei leicht, fließend. Die Handlung durchquert alle Täler und Berge, die das emotionale Spektrum zu bieten hat, in teilweise sanfter Geschwindigkeit, die Zeit zum Verweilen lässt, zum Innehalten und in sich gehen, dann jedoch in rasanter Art und Weise alles hinter sich lässt, dabei überrascht und spannende Momente parat hält, denn neben den Tälern warten auch Hindernisse, Wendungen am Wegesrand. Dabei ist die Geschichte so wunderbar abwechslungsreich, lässt den Leser lächeln, weinen und vor Spannung zittern. Besonders die Entwicklung der Protagonisten sei hier hervorgehoben, so authentisch, so liebevoll beschrieben und trotzdem mit großer Kraftanstrengung verbunden, die für den Leser komplett nachvollziehbar ist. Deren Inneres wird so ungeschönt nach außen gekehrt, wie ein nacktes Bonbon, das eingewickelt darauf wartet, langsam und Schritt für Schritt voller Wertschätzung entblößt zu werden. Das Augenzwinkern zwischendurch, die absurden Passagen und der schwarze Humor runden diese unperfekte perfekte Geschichte ab. Eine klare Empfehlung für alle, die Geschichten über Mut und Gegensätze lieben, die über sich hinauswachsen wollen und vielleicht den nötigen Schubser benötigen, um in das eigene Abenteuer des Lebens zu starten.