Reisen im Kopf

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elena_liest Avatar

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London, 1950: Schon seit ihrer Kindheit ist Margery Benson von einem kleinen goldenen Käfer fasziniert. Wobei fasziniert wohl das falsche Wort ist - es ist fast eine Besessenheit. Sie sammelt alles über das kleine Geschöpf, was sie finden kann und findet als junge Erwachsene mithilfe eines Professors heraus, dass sich der Käfer auf der Insel Neukaledonien befindet. Nach dieser Entdeckung sollen aber noch einige Jahre vergehen, bis Miss Benson sich mit ihrer Assistentin auf die Reise macht - und wer hätte mit dem unheimlichen blinden Passagier gerechnet, der den beiden Frauen dicht auf den Versen ist?

"Miss Bensons Reise" ist so ein Roman, mit dem man sich in eine Decke eingekuschelt und mit einem leckeren Tee in der Hand in eine andere Welt träumt. Dank der Corona-Pandemie ist physisches Reisen ja gerade eher nicht möglich, umso bereichernder und schöner ist es, dass es Bücher gibt, die mich literarisch mit auf Reisen nehmen können. Genau das war hier der Fall und ich konnte die Abenteuer, die Rachel Joyce mir mit dem Buch geschenkt hat, trotz vieler Längen genießen.

Als Leser*in begleitet man die schrullige, zu Beginn nicht sehr selbstbewusste Margery sowohl auf ihrer Reise nach Neukaledonien, als auch auf ihrer Reise zu sich selbst. Sie durchläuft eine große Entwicklung und am Ende war ich richtig stolz, zu was für einer Persönlichkeit sie herangewachsen ist. Auch ihre Begleiterin mochte ich sehr und habe die Freundschaft der beiden Frauen als bereichernd empfunden.

Neben den zwei tollen Protagonistinnen gibt es auch noch einen besonderen Schauplatz zu bestaunen. Die Insel, auf der der Käfer wohnt, ist sehr malerisch und grün - steckt aber auch voller Gefahren. Die Atmosphäre dort hat die Autorin sehr gut eingefangen und auch die Zeit, zu der der Roman spielt, war spürbar.

Nicht so gut gefallen hat mir, dass sich die Geschichte oftmals sehr im Kreis dreht. Es passiert viele, viele Seiten lang fast gar nichts und die Geschichte zog sich dadurch leider wie Kaugummi. Ich habe mich auf Margerys Reise viel zu oft gelangweilt, was eigentlich durch die vielen skurrilen Personen und den besonderen Schauplatz nicht hätte möglich sein sollen. Bei diesem Buch kann ich nicht einmal sagen, dass weniger Seiten hier mehr gewesen wären, denn ich glaube, dass der Umfang so eigentlich ganz gut war - es hätte nur einfach etwas mehr passieren dürfen für meinen Geschmack.

Insgesamt ist "Miss Bensons Reise" ein schöner Roman, der in diesen Tagen eine willkommene Abwechslung bietet und in die Ferne entführt. Man sollte sich aber auf einige Durststrecken dabei einrichten.