Unsere Berufung ist der Ausdruck unserer Identität

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theresia626 Avatar

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Im Mittelpunkt von “Miss Bensons Reise“ steht die anfangs, d.h. im Jahr 1914 - 10jährige Margery Benson. Durch Erzählungen und Abbildungen weckt Margerys Vater das Interesse seiner Tochter für Käfer, speziell für diesen goldenen in Neukaledonien. Im Laufe der Jahre gerät der Plan einer Reise dorthin in Vergessenheit. Sie hat einen Insektenforscher kennengelernt und viel von ihm gelernt. Ihre Liebe zu dem deutlich älteren Mann wird jedoch nicht erwidert. Er hat sie lediglich als kostenlose Arbeitskraft ausgenutzt. Margery arbeitet viele Jahre als Hauswirtschaftslehrerin, bis sie eines Tages so von ihren Schülerinnen gedemütigt wird, dass sich an ihren alten Traum erinnert und eine Expedition nach Neukaledonien vorbereitet. Alles muss sehr schnell gehen, und sie engagiert die schwatzhafte, scheinbar völlig ungeeignete Enid Pretty als ihre Assistentin. Das geschieht Anfang der 50er Jahre.

Im Mittelpunkt des Romans steht die Beschreibung der ungewöhnlichen Reise mit zahllosen Komplikationen und Gefahren. Zwischen den Frauen wächst allmählich eine tiefe Freundschaft. Sie können sich aufeinander verlassen und helfen einander in der Not. Beide sind traumatisiert – Margery durch ihre freudlose Kindheit bei zwei strengen Schwestern des Vaters, der sich nach dem Tod seiner vier Söhne umgebracht hat, Enid durch eine Serie von Fehlgeburten und den bisher unerfüllten Kinderwunsch. Margery ahnt, dass Enid Geheimnisse vor ihr verbirgt, eventuell sogar eine kriminelle Vergangenheit, vor der sie auf der Flucht ist. Eine weiterer „Schatten“ bedroht die Frauen in der Person des als Assistent abgelehnten Mr. Mundic. Er ist von seinem Kriegstrauma und der aus der Gefangenschaft resultierenden Krankheit schwer gezeichnet und gerät häufig völlig außer Kontrolle. Mundic folgt den Frauen ungesehen auf ihrer Expedition und wartet auf den Moment, in dem er die Führung übernehmen kann.

Die Enthüllung von Geheimnissen und der ungewisse Erfolg des riskanten Unternehmens sorgt für Spannung und macht den Reiseroman in der Tradition großer Vorbilder – z.B. Jules Vernes “In 80 Tagen um die Erde“ – zu einer interessanten Lektüre. Beeindruckend sind hier vor allem die Schilderungen der Natur im Südpazifik. Den Leser berührt die Freundschaft der Frauen und Margerys Entdeckung ihrer eigenen Stärke. Ein Ausblick auf die 80er Jahre zeigt, dass Margery wiederum zu einer Inspiration für eine andere Frau wird. Es geht nicht alles gut aus in dieser Geschichte, aber es gibt einen Silberstreif am Horizont. Mir hat dieses Buch gut gefallen.