Starkes Grundkonstrukt, mäßige Umsetzung

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diebuchbloggende Avatar

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Mit den Jahren... stellt man sich immer wieder die Frage, ob die getroffenen Entscheidungen richtig waren.

Mit den Jahren... fragt man sich, ob die Weichen unverrückbar gestellt sind.

Mit den Jahren... nähert sich unaufhaltsam das "War das alles?"-Gebirge.

Aber all diese Fragen stellen sich nur, wenn man kurz mal Zeit hat zum Atemholen im Alltagswahnsinn. So geht es jedenfalls Eva und Lukas, verheiratet, seit quasi immer in einer Beziehung, zwei Kinder, zwei Jobs. Verantwortung und Carearbeit bleiben vor allem an Eva hängen, denn Lukas scheint, wann immer es geht, zu flüchten: in sein Atelier oder in seine Stammkneipe mit seinem besten Freund. Dort lernt er irgendwann auch Jette kennen, die nur für sich selbst sorgen muss und mit 40 immer noch das Leben führt, dass viele mit 20 haben. Ich war während des Lesens vor allem immer latent wütend, weil Eva sich das Bieten lässt: ist ihr abendliches Glas Rotwein auf dem Balkon wirklich alles an Freizeit und Freiheit, was sie sich vorstellt?
Wohingegen Lukas meint, er kann komplett ausbrechen; und auch noch eine Affäre mit Jette beginnt?! Wie unfair! Wie unterschiedlich das Lebenskonstrukt sowie Rollenverständnis für Frauen und Männer in heteronormativen Beziehungen immer noch ist, stellt Janna Steenfatt sehr gut dar.

In Rückblicken erfahren wir durch die Innenschau einiges aus der Vergangenheit der drei Protagonist*innen, vielleicht ein Erklärungsansatz für ihr heutiges Verhalten. Jettes Interesse an Lukas beispielsweise wird nur unzureichend begründet; so ein toller Fang, als dass eine bislang nur lesbisch lebende Frau ihn spannend findet, scheint er mir nicht zu sein. Insbesondere das Ende der Geschichte - so schön die Vorstellung scheint - ist meiner Meinung nach wirklich hanebüchen.

Fazit: das Grundkonstrukt klingt spannend, die Sprache mochte ich sehr, aber die Umsetzung konnte mich nicht vollends überzeugen. Besser hätte die Autorin das Ende offen gelassen.