Ein wunderbares, aber kein leichtes Buch

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Sarah Lorenz hat mit ihrem Debütroman „Mit Dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“ kein lautes Buch geschrieben – und doch schreit es auf den rd. 220 Seiten zwischen den Zeilen nach Liebe, Zugehörigkeit und Würde. Als ich auf der Domplatte in Köln war, um das Foto zu machen, da habe ich die Protagonistin Elisa gespürt.
Elisa fühlt sich der Dichterin Mascha Kaléko verbunden, deren Lyrik ihr durch das Leben hilft – ein Leben, das geprägt ist von Verlust, Vernachlässigung und Obdachlosigkeit. Elisa wächst im Heim auf, schlägt sich später auf der Kölner Domplatte durch und kämpft unermüdlich um ein Stück Geborgenheit, das anderen selbstverständlich scheint. Und gerade durch ihre Verletzlichkeit wird sie zur starken Erzählerin. Sie hat zum Beispiel das Ziel, möglichst schnell Heroin zu spritzen. Ihre Erfahrungen mit Männern sind von Ungehobeltheit, Übergriffigkeit und vermeintlicher Liebe bestimmt.
Besonders gelungen ist die Struktur des Romans: Jedes Kapitel beginnt mit einem Gedicht von Mascha Kaléko, das wie ein atmosphärischer Auftakt wirkt – ein poetischer Schlüssel, der das Thema des kommenden Kapitels aufschließt. Im Anschluss wird Elisa in verschiedenen Szenen ihres Lebens erfahrbar: mal als Kind im Heim, mal als junge Erwachsene auf der Straße, mal in kurzen Momenten von Hoffnung, Wut oder Verbundenheit. Diese Rückblicke sind oft fragmentarisch, aber immer tief berührend.
Lorenz findet eine feine Sprache für große Themen: Armut, psychische Belastung, das Aufwachsen ohne Rückhalt – aber auch für Freundschaft, Literatur und den unermesslichen Trost, den Kunst spenden kann. Die Verbindung zwischen Elisas Lebenswelt und Kalékos Lyrik verleiht dem Buch eine zusätzliche, literarisch-poetische Ebene, die es aus der Masse heraushebt.
Die Authentizität des Erzähltons und der Verzicht auf Pathos machen dieses Buch so besonders. Elisa erzählt mit lakonischem Witz, tiefer Traurigkeit und stillem Trotz – und gerade dadurch wirkt ihre Geschichte so unmittelbar.